einem Q. Fabius, der mit Tunica und Toga bekleidet und mit einer Lanze bc:
waffnet ist. Hinter Fannius sieht man einen Tubablàáser, hinter Fabius vier Gefolgsz
leute mit Lanzen. Der andere Hauptstreifen gibt noch einmal die beiden Partner;
nur ist diesmal Fabius und sein Gefolge fast ganz verloren, wáhrend hinter Fannius,
der außer der schon bekannten Tracht noch Helm, Schild und Lanze trägt, sich eine
Stadtmauer mit Zinnen und Besatzung erhebt. Offenbar wird über die Übergabe der
Stadt verhandelt. Das dargestellte Ereignis ist trotz der Namensbeischriften nicht
sicher zu bestimmen, doch könnte die Geschichte aus den Samniterkriegen stammen.
Was nun dieses Bild kunstgeschichtlich bedeutsam macht, das ist nicht allein die
Tatsache, daß uns in ihm ein Beispiel einer sonst verlorenen Gattung vorliegt, son:
dern das ist die besondere Art und Weise, wie ein solches zeitgeschichtliches Bild
ausgesehen hat. Man kann feststellen, daß in einer archaisch anmutenden Weise die
Handlung der Hauptpersonen durch ihre besondere Körpergröße hervorgehoben ist,
daß dagegen Massenszenen und Ortsangabe in kleinerem Maßstab zusammenge-
drängt sind. Man erkennt weiterhin in der Staffelung und Überschneidung von
Kämpfenden und Gefolge die Vorstellung einer Tiefe und Räumlichkeit, welche
gleichzeitige griechische Gemälde mit farbigen und zeichnerischen Mitteln wirklich
bewältigt haben, welche hier jedoch ohne diese Mittel in Erscheinung treten muß,
weil der ausführende Künstler zu befangen und zu unsicher war. Dieser eigentüm:
liche Widerspruch zwischen Wollen und Vermögen bedeutet mehr als ein Wert-
urteil, er bezeichnet die geschichtliche Lage dieser Kunst im Rom des zweiten Jahr-
hunderts. Sie ist nicht mehr italischzetruskisch und nicht mehr italischzhellenistisch;
sie wächst vielmehr allmählich in ihre neue Aufgabe hinein, dem politischen Willen
Roms zu dienen. Sie ist als frührömische eine anfängliche, gewissermaßen archaische
Kunst, aber ihre Mittel und Ausdrucksformen sind von der überreifen Kunst
Griechenlands beeinflußt. Künstlerische Spätformen werden hier von einem neuen
Volk in einem neuen Land zur Gestaltung neuartiger Bedürfnisse verwendet. Die
Werke, die so entstehen, dürfen deshalb nicht mit griechischem Maßstab gemessen
werden. Sie stehen in einer anderen Umwelt und haben eine andere Stellung zur
Lebensmitte. Sie sind nicht Urbilder menschlichen Seins von überzeitlicher Geltung,
sondern Abbilder menschlichen Geschehens in der Zeit. Die Vorliebe und der Be-
darf an Bildnissen und an Darstellungen zeitgenössischer Ereignisse kennzeichnen
die neue Haltung, Bestimmung und Eigenart der Kunst.
In diesem Zusammenhang bekommen zwei stadtrömische Bildwerke aus dem
zweiten Jahrhundert eine eigentümliche Bedeutung. Sie lassen erkennen, daß bei
aller Gegenständlichkeit doch irgendwo geheimnisvoll ein Hang zum schönen Leben
auch bei den Römern vorhanden war. Die Gestalt eines sitzenden, singenden
Orpheus (Abb. 28), der im linken Arm die Leier hält und der umringt ist von den
friedlich lauschenden Tieren der Wildnis, ist wie ein ferner Klang aus Griechenland.
Die schmerzliche Wehmut des Sängers hat etwas ungemein Rihrendes, weil das
kleine Bildwerk aus Peperin so schlicht und bescheiden, so ohne Kunst und Regel
auftritt. Der fast vollständig verlorene feine Stucküberzug des porösen Steines nahm
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