Full text: Die Kunst der Römer (1,2)

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durch gracchische noch durch 
sullanische Reformen beseitigt 
worden waren, in einer Zeit 
des Bürgerkriegs und zugleich 
des politischen Aufstiegs, in 
einer Zeit des fortwahrenden 
Wechsels in Führung und Form 
des Staates. Diese Römer des 
ersten Jahrhunderts v. Chr. 
schaffen zwar zum ersten Male 
eine eigene rómische Kunst, 
aber sie sind doch noch so viel: 
faltig in ihrem Wesen und so 
zersplittert in Parteien, sind 
noch so uneinheitlich in ihrem 
geistigen Habitus, in Aussehen 
und Haltung, daf3 sie auch noch 
keinen einheitlichen Menschen: 
typus und noch keinen einheit: 
lichen Stil in der Kunst hervorz 
bringen. 
In der Bildniskunst der 
Jahrzehnte von Sulla bis Augue 
stus trifft man schwere Bauern: 
Sschàdel neben Gesichtern, die 
von den Spuren geistigen Stre 
bens gezeichnet und geadelt 
sind, stehen stille feste, in sich 
verschlossene Menschen neben 
aufgelockerten, unbeständigen 
Charakteren. Es ist schwer, eine 
klare Linie der Formentwick- 
  
  
46. Grabrelief. Rom, Museo Mussolini 
lung aufzufinden und zu verfolgen. Dem spannungsreichen politischen und geistigen 
Gesicht dieser Zeit und dieser Menschen entspricht eine Kunst, die in sich wider 
spruchsvoll zu sein scheint, deren stilistische Einheit jedoch trotzdem über alle 
Vielfalt der Formen hinweg, durch alle Strömungen und Wandlungen hindurch zu 
erkennen sein muß. Denn es ist ja dieselbe völkische Substanz, es ist dasselbe ge- 
schichtliche Schicksal, das allen Erscheinungen zugrunde liegt. Dem Zeitgenossen 
kann wohl der Sinn des Geschehens dunkel, das Gesicht der Zeit verschleiert und 
der Erfolg seines Strebens unsichtbar bleiben; dem rückschauenden Betrachter je- 
doch, der den Ablauf der Ereignisse überschaut und der die Zukunft jener Tage 
kennt, müssen sich die Einzelerscheinungen der Vergangenheit zu einem geschichte 
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