66. Mysterien, Wandgemälde in der Villa dei Misteri. Pompeji
Caesarzeit. Das porträtähnliche Gesicht hat etwas Maskenhaftes und die bemalte
Zimmerwand hat etwas von der Theaterkulisse. Der Schluß ist unabweisbar, daß
das Leben der Menschen dem Auftreten des Menschen auf der Bühne ähnlich ge-
worden ist. Augustus selbst hat sich, nach dem Zeugnis des Sueton, in seinen letzten
Worten auf dem Sterbelager mit einem Schauspieler verglichen, der einen Mimus
um Beifall der Zuschauer werbend zu Ende gespielt habe. :
Es wäre falsch, in dieser eigentümlichen Wanddekoration nur das Spiel ent:
arteter Handwerker zu sehen. Dazu ist eine solche Wand einfach zu gut gemalt.
Unbeschreiblich und nur in geruhsamen Genief?en mit den Augen zu erfassen sind
die kostlichen Einzelheiten der Ornamentik und die prachtvollen Tóne der Farben.
Dahinter steckt ein Kónnen, das zwar handwerklich ausgeübt wird, das aber in
künstlerischer Freiheit schafft und erfindet, und das auch in der Lage war, bedeus-
tende Vorbilder der griechischen Malerei zu wiederholen und abzuwandeln.
Wir besitzen in der Mysterienvilla von Pompeji einen Saal, dessen Wände be-
malt sind mit einer großfigurigen Darstellung aus dem griechischen Mysterienkult.
Der pompejanische Meister setzt die einzelnen Figuren (Abb. 66 u. Taf. III) vor eine
rote, in regelmäßige Felder aufgeteilte Wand und verteilt sie nach seinem Ermessen
und nach der Größe der Wandfläche. Dadurch zerreißt er den ursprünglichen Zu
90