Full text: Die Wirtschaftsbestimmung der Ostmark

  
  
  
   
  
  
  
14 A I. Deutsche Besiedlung bis zum Ende des 1. Reiches 
und darnach Ungarn vor allem durch deutsches Blut*) von den Türken be- 
freit worden war, konnke die nachhaltige Zuwanderung deultſcher Siedler 
wieder einsetzen?®). 
Waren die Deutſchen früher vorwiegend in die Städte gezogen, so 
trachtete die neue Südostkoloniſation, nun neben Beamten, Bergarbeitern 
und Handwerkern aller Art, vor allem auch Bauern, Land- und Holz- 
arbeiter ins Land zu ziehen. Kameralistiſche und physiokratiſche Erwä- 
gungen dürften zu der vorwiegend landwirtſchaftlichen Erſchließung des 
neugewonnenen Landes geführt haben. Die „Impopulationen und Koloni- 
ſationen“ nach der militäriſchen Zurückdrängung der Türken durch Prinz 
Eugen dienten aber vor allem der Kräfleverdichtung an der Stlirnſeite der 
ſüdöstlichen Hauptexpansionsrichtung Öſterreichs, des Reiches und des 
Abendlandes ſchlechthin. Diesen Zweck verfolgten schon die Besiedlungen 
der ungariſchen Komitate Veſzprim, Komorn, Gran und Pest und der 
„\chwäbiſchen Türkei“ unker Leopold I. und Josef 1. Aus dem gleichen 
Grund wurden dann unter Karl V1. und Maria Theresia Siedler aus 
allen Gauen Deutſchlands, besonders Schwaben, Franken, Rheinfranken, 
Pfälzer und Deutſchösterreicher??) in das Temesvarer Banat, in die 
Batſchka und nach Siebenbürgen gerufen. 
Nach dem Ausgang des öſterreichiſchen Erbfolgekrieges hat Maria 
Theresia „einen abermaligen gewaltigen Strom deutſcher Siedler nach 
dem Südosten gelenkt, Schwabenzüge aus dem Fränkischen und Baden- 
ſchen, aus Württemberg und Vorderösterreich, vom Rhein, aus Luxem- 
burg und ganz besonders aus Lothringen. Und wieder folgte von 1763 bis 
1770 eine letßte, ganz große deutsche Einwanderung in die ungariſchen 
Länder, in die weit gestreckten Krongüter des Banakts und der Batſchka, 
~ eine merkantiliſtiſche Impopulation —, der sich dann unter Josef II. 
die physiokratiſche Kolonisierung anſchloß, bis um 1800 die Skröme ver- 
ſiegten“. So ſchuf „die große Tochter des letzten Habsburgers“ dem 
deutſchen Volk Lebensmöglichkeiten bis tief nach Südungarn und Sieben- 
bürgen. Handelte Maria Theresia wie ihre Vorfahren und ihr Sohn mehr 
aus ſtaatlichem als aus volklichem Denken, so war ,das theresianiſch- 
joſefiniſche Koloniſationswerk“ doch auch „ein unſchätßbares Werk deutſcher 
Grenzsicherung, Raumausfüllung und Kulturſchöpfung“ (v. Srbik)?s). Die 
Zahl der deutschen Einwanderer, die sich in Ungarn von 1763 bis 1787 
*) „Die Wiedereroberung Ofens im Jahre 1686 war größtenteils das gemein- 
ſame Werk fast aller deutſchen Stämme, das erſte gesamtdeutſche Unternehmen ſeit 
Jahrhunderten, an dem außer den kaiserlichen Regimentern die ſchwäbiſchen und 
fränkiſchen Kreistruppen, die Brandenburger, Bayern und Sachſen beteiligt 
waren.“22) Unmittelbar nach der Wiedereroberung ließen sich in Ofen wie in Peſt 
Deutſche nieder. Mit der großzügigen Wiederbesiedlung des Landes begann man, 
noch bevor der Türkenkrieg durch den Friedensſchluz von 1799 beendet 
worden wars?s). 
  
  
     
     
   
    
  
   
    
   
   
    
     
    
     
	        
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