4. Der Geburtenrückgang 77
An dieser Stelle iſt nur der Altersaufbau der Bevölkerung nach den Er-
gebnissen der Volkszählung 1934 wiedergegeben, der ja für viele Sozial-
fragen der Zukunft, im besonderen für die Fragen des Arbeitseinsatzes,
des Arbeiternachwuchſes und der Alkersverſorgung von größter Bedeu-
kung ist.
Von den äußeren Umrissen dieses Balkensyſtems kann der Alkersaufbau der
Bevölkerung ganz genau abgeleſen werden, wenn der oben und unten angebrachte
Maßſtab benützt wird und die Zahlen in der Mitte beachtet werden, die auf das
Alter der Bevölkerungsmaſsse hinweisen. Auf diese Weise läßt sich z. B. feststellen,
daß es zur Volkszählungszeit in Öſterreich zwar fast 50.000 Frauen, dagegen. nicht
einmal 40.000 Männer im Alker von 45 Jahren gab, ein Alkersjahrgang, von
dem vor 20 Jahren bedeutend mehr 25jährige Männer ins Feld zogen. Nun ſsieht
man auch die tiefe Einbuchtung im Altersaufbau bei den Männern, die zwischen
33 und 57 Jahre alt waren und man wird an die Gefallenen des Weltkrieges
erinnert. Auf beiden Seiten der Alterspyramide und auch viel einſchneidender
als das Männerſsterben im Weltkriege wirkte sich jedoch aus, daß im Weltkrieg
weniger Kinder geboren wurden, wie aus den kurzen Balken der 14- bis
18jährigen zu ersehen ist. Auch diese Lücke war aber auf ein einmaliges zeitlich
begrenztes Geschehen zurückzuführen, das die Zeit langſam ausheilen kann, wenn
ein kräftiger Nachſchub von Kindern kommt. Nur einige Jahre nach dem Krieg
brachten einen solchen Nachschub, wie die längeren Balken der 11- bis 18jährigen
Kinder zeigen. Es handelte sich aber bei diesen Jahrgängen nur um eine vorüber-
gehende Rückwirkung auf den Geburtenentgang im Weltkrieg. Seither ging die
Geburtenzahl ununterbrochen in einem ganz verhängnisvollen Ausmaß zurück.
Während ein normaler Altersaufbau erfordern würde, daß in den jüngeren Jahr-
gängen immer mehr Kinder leben, war gerade das Gegenteil der Fall. Von allen
Entstellungen der Alterspyramide war diese Unterhöhlung weitaus die bedrohlichste
Erſcheinung, weil dadurch der Zukunft der Bevölkerung seit mehr als 10 Jahren
die Wurzel abgegraben wurde. Seit der Volkszählung war die Geburtenzahl noch
weiter zurückgegangen").
Zu der Gliederung nach dem Familienstand sei hier nur erwähnt, daß
die öſterreichiſche Bevölkerung vor der Wiedervereinigung infolge des
Rückganges der Heiratshäufigkeit im Vergleich zu dem entksprechenden
Skand der Verheiratung im Reich mit rund 150.000 Ehegründungen im
Rückstand war.
Die auf 1.000 Einwohner bezogene Eheſchließungsziffer war in den
letzten Jahren vor der Wiedervereinigung auf weniger als 7 geſunken.
Auch dies war ein untrügliches Symptom der völkiſchen und wirtſchafk-
lichen Not des Landes, denn ſoweit man die Eheſchließungsziffer auf dem
Gebiet der Ostmark zurückverfolgen kann, war sie nur während des Welk-
krieges auf einem noch tieferen Stand. Nur in Skaaten, die von inner-
politiſchen Kämpfen so zerriſſen waren wie Spanien oder Irland, oder die
eine sſo überalterte Bevölkerung hatten wie Frankreich, wurde damals
ebenſo selten geheiratet wie in Öſterreich's). Gleichzeitig wurden aber
auch in keinem Staat Europas verhältnismäßig mehr Ehen geſchieden!?).