Full text: Die organischen Nahrungstoffe und ihr Verhalten im Zellstoffwechsel (1. Teil)

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11. 1912. 
Kohlehydrate. 93 
leichen sind unter bestimmten Bedingungen dem Abbau durch Bakterien 
zum Teil wenigstens entzogen worden. Davon zeugen die großen Massen 
von Petroleum, die an bestimmten Stellen der Erde sich angesammelt 
haben.!) Verbrennen wir dieses, dann bilden sich Kohlensäure und Wasser. 
Gleichzeitig wird Energie frei. Das Licht, das uns die Flamme des 
Petroleums entgegenstrahlt, ist Sonnenlicht, das vor Tausenden von Jahren 
die Erde beschienen hat! 
Große Mengen von Kohlensäure sind der Atmosphäre im Laufe der 
Zeit direkt, d. h. nicht auf dem Umwege der Synthese durch die Pflanzen- 
welt entzogen worden. Es ist dies jene Kohlensäure, die an Basen, wie 
Kalk und Magnesia, gebunden, am Aufbau gewaltiger Schichten der 
Erdrinde beteiligt ist. Wird sie durch eine stärkere Säure, z. B. durch 
Kieselsäure, aus ihrer Verbindung mit den erwähnten Basen verdrängt, 
dann kehrt sie in die Atmosphäre zurück. Sie ist damit dem Kreislauf 
des Kohlenstoffs und Sauerstoffs wieder eingereiht. 
Dieser kurze Überblick über die Entstehung organischer Substanz 
in der Organismenwelt enthüllt uns interessante Wechselbeziehungen 
zwischen Pflanzen- und Tierreich. Wir erkennen, daß die Chloro- 
phyll enthaltende Zelle von entscheidender Bedeutung für Sein und Nicht- 
sein aller Organismenarten ist. Die Betrachtung des Kreislaufs der Stoffe 
und der Energie ergibt ebenfalls interessante Einblicke in das Werden 
und Vergehen in der Natur. Wir sehen, daß ein bestimmter Stoff, wie 
z. B. der Kohlenstoff, in ewig wechselndem Reigen bald der nichtorgani- 
sierten, bald der organisierten Welt angehört. War der Kohlenstoff eben 
noch Bestandteil einer organischen Verbindung, ja vielleicht am Aufbau 
„lebender“ Zellsubstanz beteiligt, so ist er im nächsten Augenblick schon 
. wieder in Form der Kohlensáure der unbelebten Natur übergeben, um 
wieder an anderer Stelle des Kreislaufs am Aufbau von Zellen sich zu 
beteiligen. : 
Die einzelne Zelle ruht nie, solange sie Lebensfunktionen 
zeigt. Der ununterbrochene Wechsel in ihrem Haushalt ist charakteristisch 
für das Zelleben. Auch der kompliziert gebaute Organismus, den wir als 
einen Staat von Zellen auffassen kónnen, befindet sich nie im Gleichgewicht. 
Lassen wir unseren Blick weiter schweifen auf die gesamte grofe Natur, 
dann erkennen wir unschwer, daß auch sie in ständigem Wechsel begriffen 
ist. Auch die unbelebte Natur ruht nicht. Überall bahnen sich Umwand- 
lungen an. Die meisten verlaufen außerordentlich langsam. Die Zelle da- 
gegen läßt in rascher Reihenfolge Vorgang auf Vorgang und Umwandlung 
auf Umwandlung folgen. Eine auch nur kurze Pause in ihrem gesamten 
Getriebe bedeutet meistens den Tod des Individuums. Es entstehen wieder 
neue Zellen, wenn seine Bestandteile, wie oben erwähnt, zerlegt sind und 
ein neues Lebewesen die gebildeten Bausteine übernommen hat. So geht 
ein Baustein und ein Element von Individuum zu Individuum. Bald ge- 
hört ein Stoff der Pflanzenwelt, bald der Tierwelt, bald der unbelebten 
Natur an. 
Verfolgen wir einen bestimmten Stoff in seinem Kreislauf von der 
unbelebten Natur zur belebten, so drängt sich uns unmittelbar die Frage 
1) Vgl. C. Engler: Entstehung des Erdóls. Fortschritte der Naturwissenschaften. 
1. 269 (1910). 
 
	        
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