174 VIII. Vorlesung.
Versuche vorliegen, bleibt die Annahme, daf die Pankreasdrüse als solche
Stoffe erzeugt, die irgendwie in den Kohlehydratstoffwechsel eingreifen, un-
bewiesen. Viel wahrscheinlicher erscheint einstweilen, daf mehrere Organe
in der erwähnten Richtung zusammenarbeiten. Eines davon ist die Pankreas-
drüse. :
Es fragt sich nun, mit welchen weiteren Organen sie gemeinsam
den Kohlehydratstoffwechsel beherrscht, und welcher Art diese Bezie-
hungen sind. Schließlich könnte man auch daran denken, daß die Pankreas-
drüse mit den Nebennieren zusammen arbeitet und diese in der Abgabe
jener Stoffe beeinflußt, die den Glykogenabbau in Gang bringen. 1) Vielleicht
fällt mit dem Ausfall der Pankreasdrüse eine Hemmung fort, so daf die
Leberzellen nur auf Glykogenabbau und nicht auch auf Glykogenaufbau
eingestellt sind. Bei allen diesen . Einflüssen kann es sich um solche
physikalisch-chemischer Art handeln. Durch ganz geringfügige Verschie-
bungen in der Zusammensetzung von Zellinhaltsstoffen oder auch nur
solchen der Zellgrenzschiehten können für die Funktionen der Zellen
hochbedeutsame Zustandsánderungen bestimmter Zellbestandteile eintreten;
die für den Verlauf bestimmter Zellfunktionen von ausschlaggebender
Bedeutung sind. Erwühnt sei noch, da man die bisher negativen
Ergebnisse der Versuche, die Pankreasdrüse durch aus ihr gewonnene
Stoffe zu ersetzen, auch auf eine hohe Empfindlichkeit der wirksamen
Produkte zurüekführen kann, doch fehlen bestimmte Anhaltspunkte für
eine solche Annahme. Es ist auch denkbar, daß bessere Resultate zu ge-
wingen wáren, wenn man unmittelbar nach der erfolgten Entfernung
der Pankreasdrüse mit Ersatzversuchen einsetzen würde. Man mu damit
rechnen, daß die einmal vorhandene Störung Zustände schafft, die nur
schwer oder überhaupt nicht mehr überwindbar sind.
Hatten auch, wie eben erwähnt, Versuche, die entfernte Pankreasdrüse
durch Verfütterung von Gewebe dieses Organes oder auch von Auszügen aus
ihm zu ersetzen, keinen eindeutigen Erfolg, so besteht, und das möchten wir
besonders hervorheben, doch kaum ein Zweifel darüber, daß die Pankreas-
drüse mittelst Inkretstoffen direkt oder indirekt auf den Kohlehydratstoff-
wechsel einwirkt. Es seien einige Belege für diese Annahme angeführt?):
Zunächst sei an die auf S. 169 erwähnten Versuche erinnert, wonach ein
kleines Stück der Pankreasdrüse genügt, um ihren Einfluß auf den Kohle-
hydratstoffwechsel aufrecht zu erhalten. Es lassen sich ferner zwei Tiere so
vereinigen, daß das Blut des einen Organismus auch im Körper des anderen
kreist.) Man nennt eine solche Vereinigung zweier Tiere Parabiose.
Forschbach*) vereinigte zwei junge Hunde. Dem einen Tiere wurde dann
') BE. Hégon: Arch. internat. de physiol. 18. 213 (1921).
?) J. R. Murlin und J. E. Sweet (The J. of biol. Chem. 28. 1 [1916]) sind der
Ansicht, daß der Umstand, daß bei der Entfernung der Pankreasdrüse die in das Duo-
denum übertretende Salzsäure des Mageninhaltes infolge des Fehlens des Pankreassaftes
nicht ausreichend durch Alkali neutralisiert werden kann, viel dazu beiträgt, daß der
Kohlehydratstoffwechsel gestört wird. Dieser Annahme widersprechen viele Beob-
achtungen, es sei z. B. an die Tatsache erinnert. daß ein kleines Stück der Pankreas-
drüse genügt, nun eine Hyperglukoplasmie und damit eine Glukosurie zu verhindern.
°) F. Sauerbruch und M. Heyde: Münchener med. Wochenschr. Nr. 4. 908. —
E. Hédon: Arch. f. experim. Path. u. Pharm. 60. 131 (1909).
*) J Forschbach: Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21. 1908; Archiv. internat. de
physiol. 13. 4 (1913).
EU A BE a