208 X. Vorlesung.
nächst gebildet wird. Auch Äpfelsäure, Bernsteinsäure und Fumar-
säure erwiesen sich als Zuckerbildner.!) Die letztere Verbindung wird wahr-
scheinlich unter CO,-Abspaltung über Milchsáure in Glukose umgewandelt ?):
COOH .CH = CH. CO0H + H, 0 — CO. —* CH,. CH. (ORD. COOH.
Ubergibt man der Leber Rohrzucker oder Milchzucker?), so ver-
mag sie diese Disaccharide nicht zu verwerten, wenn sie nicht zuvor in
ihre Bausteine zerlegt sind. Zahlreich sind die Versuche über das Verhalten
von Eiweißstoffen zur Zuckerbildung. Die Untersuchungen sind erst in
dem Augenblick eindeutig geworden, als man anfing, an Stellen von Pro-
teinen ihre Bausteine, nämlich Aminosäuren, zu verwenden. Es zeigte
sich bei Versuchen am gesamten Organismus, daf Glykokoll Alanin,
Cystin, Serin, Asparagin- und Glutaminsáure, Arginin und Orni-
thin "Traubenzucker liefern‘), während Phenylalanin, Tyrosin, Trypto-
phan und auch Leuzin, Isoleuzin, Valin, Lysin, Histidin5) keine
direkten Beziehungen zu den Kohlehydraten haben sollen. Versuche an
der überlebender Leber hatten, wie S. 139 erwähnt, für alle Aminosäuren
das gleiche negative Ergebnis.
Durch den Beweis, daß Glyzerin in Glukose übergehen kann, ist
zwar eine Brücke von den Fetten zu den Kohlehydraten geschlagen, trotz-
dem wird immer noch bezweifelt, daß die Fette normalerweise Zucker
liefern. Das Glyzerin ist ein Baustein der Fette. Es tritt jedoch seiner
Menge nach gegenüber den übrigen Bestandteilen der Fette — den Fett-
säuren — stark zurück. Bis jetzt verfügen wir über keine überzeugenden
Versuche, die eine irgendwie erhebliche Zuckerbildung aus Fett beweisen
würden.‘) Auf der anderen Seite sind jedoch auch keine Beobachtungen
bekannt geworden, die mit voller Schärfe Beziehungen zwischen den Fetten
und den Kohlehydraten ausschließen würden. Die Frage, ob nicht doch in
besonderen Fällen Fette als. Quelle von Kohlehydraten in Betracht kommen,
bleibt vorläufig noch eine offene. Der Umstand, . daß Aminosäuren voll-
ständig ausreichen, um den in Erscheinung tretenden Zucker, der von
Nichtkohlehydraten stammt, seiner Herkunft nach aufzuklären, genügt
!) Max Cremer: Berl. klin. Wochenschr. Nr. 31 (1913). — Vgl. auch Hans Schröder :
Beitr. z. Physiol. 2. 23 (1922). — W. Burger: Ebenda 2. 19 (1922).
?) Vgl. Hans Miiller: Helvet. chim. acta. 5. 163 (1922). — Vgl. auch A. Jung
und H. Müller: Ebenda 5. 239 (1922). — E. Abderhalden: Fermentforschung. 6. (1922). —
H. D. Dakin: Journ. of biol. chem. 52. 183 (1922).
3) Vgl. u. a. Ernst Weinland: Zeitschr. f. Biol. 40. 374 (1902).
4) Vgl. Graham Lusk: Amerc. Journ. of Physiol. 22. 174 (1908) und Ergebnisse
der Physiologie. 1. ¢. (1912). — Vgl. ferner: 4. J. Ringer und Graham Lusk: Zeitschr.
f. physiol. Chemie. 66. 106 (1910). — Max Cremer: Verhandl. d. physiol. Gesellsch.
29. November 1912. Med. Klinik. Nr. 50 (1912). — A. J. Ringer, E. M. Frankel und
L. Jonas: Journ. of Biol. Chem. 14. 525 und 539 (1913).
5) H. D. Dakin: Journ. of Biol. Chem. 14. 321 (1913).
8) Vgl. zu diesem Probleme : J. Seegen: Die Zuckerbildung im Tierkorper, ihr Um-
fang und ihre Bedeutung. Berlin 1890. — J. Weiss: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 24
542 (1898). — N. Zuntz: Verhandl. d. physiol. Gesellschaft. 14. Oktober 1898. —
E. Abderhalden und Peter Rona: Zeitschr. f. physiol. Chemie. 41. 303 (1904)
E. Weinland: Zeitschr. f. Biol. 49. 421 und 466 (1908). — O0. Krummacher und E. Wein-
land: Zeitschr. f. Biol. 52. 273 (1909). — A. Gigon: Deutsches Archiv f. klin. Medizin.
97. 376 (1909). — Eduard Pflüger und Peter Junkersdorf: Eflügers Archiv. 131. 201
(1910). — Peter Junkersdorf: Pflügers Archiv. 137. 269 (1910). — Felix Lommel:
Archiv f. experim. Path. u. Pharm. 63. 1 (1910). — H. Erhart F. Zieglwallner: Zeitschr.
f. Biol. 58. 541 (1912).