8512 XVII. Vorlesung.
Eiweiß aus Pepton nachweisbar war, wenn dieses und die Fermentlösung
— Organprebsaft oder Mazerationssaft — dem gleichen Organ entstamm-
ten. Es ist nun unwahrscheinlich, daß gerade dieses Gemenge die besten
Bedingungen zum Wachstum von Mikroorganismen abgab. Zum Vergleich
diente ein Fermentpeptongemisch, das beim Beginn des Versuches eine
Stunde auf 100? erhitzt worden war. In diesem Falle blieb die KEiweiß-
bildung regelmäßig aus. Die angeführten Versuche müssen noch weiter
ausgedehnt und vor allem quantitativ durchgeführt werden.
Wichtig ist, daß es auch gelungen ist, bei An wendung von Amino-
säuregemischen, die durch Abbau von Organen — Leber, Niere,
Schilddrüse, Lunge — mittels Magensaftes, Pankreassaftes und
Darmpreßsaftes erhalten worden waren, Eiweibbildung nachzu-
weisen, wenn den Aminosäuren in konzentrierter wässeriger
Lösung Preßsaft aus jenen Organen zugefügt wurde, aus dem
sie selbst herstammten.!) Es scheint demnach. daf die Mengen, in
denen die einzelnen Aminosäuren zugegen sind, für die Fermente des
angewandten Preßsaftes von Bedeutung sind.
Es ist auch versucht worden ?), einzelne Aminosäuren mittels
Erepsins, d.h. Darmsaftes, zu Polypeptidenzu vereinigen. Auch hiei
sind Erfolge zu verzeichnen. Zunüchst wurde mittels der optisehen Methode
das Drehungsvermügen von Ferment- und Substratgemisch verfolgt. Die
ersten Versuehe ergaben alle ein negatives Resultat, d. h. die Drehung
blieb konstant. Erst als die Versuche unter Anwendung von Puffern aus-
geführt wurden, lieben sich unzweifelhafte Anderungen der Anfangsdrehung
feststellen. l-Leuzin und d-Alanin — beide in gesüttigter Lósung — zeigten.
in Wasser + Phosphatgemisch gelóst, im Laufe von 6 Monaten keine
Drehungsänderung. Sie blieb aueh konstant, als die gleiche Lösung + Darm-
saft angesetzt und das Gemisch beim Beginn des Versuches aufgekocht
wurde. Dagegen änderte sich die Drehung, als das Aufkochen fortblieb
2s bleibt noch der Einwand, daß die Drehungsänderung durch Verän-
derungen des Darmsaftes herbeigeführt sein kann. In der "Tat ändert er seine
Anfangsdrehung etwas, wie ein Kontrollversuch zeigte, doch erfolgte die
Drehungsänderung in anderer Richtung, als beim Versuch „Aminosäuren
+Darmsaft“. Erst dann, wenn es gelungen sein wird, das gebildete
Produkt zu isolieren und seine Natur festzustellen, ist der Beweis einer
Synthese von Polypeptiden oder eines anderen Produktes aus Aminosäuren
als eindeutig geführt zu betrachten.
Selbstverständlich muß jede einzelne Fermentsynthese in allen Einzel-
heiten genau studiert werden. Man darf sich nicht damit begnügen, nur
die Endgleichgewichte festzustellen. Vielmehr wird man auch alle Zwischen-
reaktionen verfolgen müssen, um den Beweis für die Annahme. daß jedes
Ferment reversible Reaktionen vollführen kann. vollständig sicherzustellen
Jede einzelne Stufe, die bei einer bestimmten Reaktion durchlaufen wird.
muß sich nach beiden Richtungen genau wiederholen lassen, wenn sie voll-
ständig reversibel ist. Die bis jetzt vorliegenden Beobachtungen
bestätigen die Auffassung der Fermentwirkung als umkehrbaren
‘) Emil Abderhalden: Fermentforschung. 1.
“) Emil Abderhalden: Fermentforschung. 1.
lichte Versuche.
47 (1914).
47 (1914) und noch nicht verôffent-