Full text: Die anorganischen Nahrungstoffe. Die Bedeutung des physikalischen Zustandes der Zell- und Gewebsinhaltsstoffe für ihre Funktionen. Die Fermente, ihr Wesen, ihre Wirkung und ihre Bedeutung. Probleme des Gesamtstoff- und -kraftwechsels. Stoff- und Kraftwechsel einzelner Organe und Zellen (2. Teil)

   
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Gesamtstoffwechsel. 431 
Nahrungsstoffe entbehrt werden. Nehmen wir neben dem weißen Mehl 
Kartoffeln, Gemüse usw. auf, dann führen wir uns genug von jenen 
Stoffen zu, die wir S. 405 als noch unbekannte Nahrungsstoffe bezeichnet 
haben. Auch der Menge nach werden die einzelnen Nahrungsstoffe, wenn 
nicht besondere Umstände vorliegen, in ausreichendem Mafe aufgenommen.) 
Anders liegen die Verhältnisse, wenn, wie es in Krankenhäusern, Gefäng- 
nissen, Kasernen usw. der Fall ist, eine Anzahl Personen ernährt wird, 
ohne daß diese Einfluß auf die Wahl der Nahrung haben. Um Massen- 
ernährungen richtig leiten zu können, müssen bestimmte Grundlagen 
vorhanden sein. Wir müssen wissen, welche Mengen an den einzelnen 
Nahrungsstoffen unbedingt notwendig sind. Wir müssen ferner einen Maßstab 
für die Bewertung der Ernährung ganzer Bevölkerungsschichten haben. 
Wir müssen beurteilen können, ob bei bestimmten Leistungen die auf- 
genommene Nahrungsmenge ausreichend ist. Mangelhafter Verdienst 
weist ganze Berufsschichten in der Ernährung in bestimmte Bahnen. Es 
kommt zur Unterernährung. Die Folgen zeigen sich über das betroffene 
Individuum hinaus an der Nachkommenschaft. Es unterliegt keinem 
Zweifel, daß ungünstige Ernährungsverhältnisse mit schuld am Nieder- 
gang ganzer Volksschichten sind. Das ganze Volk hat die Pflicht, dafür 
einzutreten, daß Bedingungen geschaffen werden, die eine ausreichende 
Ernährung für alle gewährleisten. 
Diese wenigen. Andeutungen lassen klar erkennen, daß die Frage 
der Ernährung von größter volkswirtschaftlicher Bedeutung ist. 
Man wird in Zukunft ohne Zweifel der Frage der Ernährung des Volkes 
viel mehr Aufmerksamkeit schenken, als es bisher der Fall war. Vorbeugen 
ist unter allen Umständen sicherer und mit weniger Kosten verknüpft, als 
der Versuch, eingetretene Schäden zu beseitigen! 
Wenden wir uns nunmehr der Frage nach der Menge, in der wir 
die einzelnen Nahrungsstoffe zuführen müssen, damit der Organismus auf 
voller Hóhe seiner Leistungen bleiben kann, zu.?) Sie ist in dieser all- 
gemeinen Form nicht zu beantworten. Es fehlt uns ein allgemeiner 
Maßstab, um für gleichwertige Teile der verschiedensten Organismenarten 
bestimmte Ansprüche an die Nahrungsmenge und -art aufstellen zu können. 
Man könnte daran denken, das Körpergewicht als Einheit zu wählen und 
z. B. den Nahrungsstoffbedarf eines Kilogramms Sperling mit einem 
solchen eines Elefanten zu vergleichen. Nun wissen wir, daß ein großer 
Teil des Korpergewichtes durch die Knochen bedingt wird! Sie haben 
keinen so lebhaften Stoffwechsel wie zellreichete Gewebe. Es kann des- 
halb das Körpergewicht als Einheit keine vergleichbaren Werte abgeben. 
Man hat infolgedessen vorgeschlagen, die Kórperoberflüche zum Ver- 
gleich heranzuziehen und als Einheit den Quadratmeter zu wählen. Wir 
kommen auf solche Bemühungen noch zurück. Einstweilen sind wir noch 
darauf angewiesen, den Bedarf an einzelnen Nahrungsstoffen durch direkte 
Stoffwechselversuche festzustellen. Wir wissen, daß das Alter der Organismen 
eine große Rolle spielt. Ferner kommen individuelle Besonderheiten hinzu. 
  
') Vgl. hierzu auch Max Rubner: Der Nahrungstrieb des Menschen. Sitzungs- 
ber. d. Preuß. Akad. d. Wissensch. XI. 341 (1920). 
*) Vgl. die Literatur bis 1880: Handbuch der Physiologie des Gesamtstoft- 
wechsels und der Fortpflanzung. Herausgegeben von L. Hermann. 1. Teil: Physiologie 
des allgemeinen Stoffwechsels und der Ernährung. F.C. W. Vogel. Leipzig 1881. 
  
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