438 XXIII. Vorlesung.
an jenem Nahrungsstoff Einbufe erleidet. Wir merken das daran, daf die
Bilanz negativ wird, d. h. dab mehr von dem betreffenden Nahrungsstoff
umgesetzt wird, als ‘die Zufuhr beträgt. Zunächst muß stets in Rücksicht
gezogen werden, daß der Organismus ein Zuwenig an einem Nahrungsstoff
unter Umständen zunächst aus vorhandenen Vorräten ausgleichen kann.
Das Minus zeigt sich oft erst nach Tagen. Ferner muß man wissen, daß
die Feststellung, daß eine bestimmte Menge eines Nahrungsstoffes nicht
unterboten werden darf, ohne daß die Bilanz. negativ wird, zunächst nur
für die gerade gegebene Zusammensetzung der verabreichten Nahrung
gilt. Wird die Menge eines anderen Nahrungsstoffes erhöht, dann genügt
vielleicht eine noch geringere Menge des zu prüfenden Nahrungsstoffes !
Wir sprechen in diesem Falle ganz allgemein von einem relativen
Minimum. Wir gelangen schließlich zu einer Menge des betreffenden
Nahrungsstoffes, die sich durch keine noch so großen Zulagen an anderen
Nahrungsstoffen unterbieten läßt. Es ist nun das absolute Minimum
für diesen Nahrungsstoff erreicht.
Bei dieser Gelegenheit wollen wir noch einige allgemein eingeführte
und leicht verständliche Ausdrücke anfügen. Wenn die Ausgat jen den Ein-
nahmen das Gleiehgewicht halten, d. h. wenn die Stoffwechselbilanz gleich
Null ist, dann sprechen wir von einem Stoffwechselgleichgewicht
Es kann sieh auf den gesamten Stoffwechsel beziehen, d. h. es reichen
die zugeführten Stoffe in ihrer Gesamtheit gerade hin, um die gesamten
Ausgaben zu deeken, oder aber es bezieht sieh das Gleichgewicht auf einen
bestimmten Nahrungsstoff. Man kann von einem Stickstoffstoffwechsel-
gleichgewicht sprechen, wenn die zugeführte Menge an stickstoffhaltigen
Verbindungen gerade soviel Stickstoff enthült, als davon zur Ausscheidung
kommt. Ebenso kónnte man von einem Phosphorstoffwechse 1gleichgewicht
sprechen, wenn gerade soviel Phosphor zur Ausscheidung käme, als in
der Nahrung zugeführt wird.
Sind die Ausgaben an irgend. einem Stoff größer als die Einnahmen,
dann sprechen wir von einer negativen Bilanz. Im umgekehrten Falle,
wenn Stoffe im Kórper zurückgehalten werden, wird diese als positiv
bezeichnet. Man spricht auch von einer Zurückhaltung von Stoffen. Während
die negative Bilanz, wenn sie andauert, in ihrem Wesen fast immer klar
liegt die Zufuhr reicht nicht aus —, macht die eindeutige Erklärung
einer positiven Bilanz große Schwierigkeiten. Es genügt uns nicht, Zu Wissen,
daf stiekstoffhaltige Verbindungen im Kürper zurückgeblieben sind oder
Phosphor in den Geweben zurückgehalten wird, wir möchten erfahren,
in welcher Form sich die betreffenden Produkte im Körper befinden, ob
sie bestimmte Funktionen erfüllen, oder aber als Stoffwechselschlacken
irgendwo liegen geblieben sind und des Augenbliekes harren, in dem sie
den Nieren zur Ausscheidung zugeführt werden, wobei dann der Eindruck
eines gesteigerten Umsatzes entstehen kann. Ebenso kann eine vermehrte
Kohlensäureausscheidung als‘ Ursache eine vermehrte Entbindung von
solcher haben, ohne daß der Stoffwechsel erhöht zu sein braucht. Selbst-
verständlich fallen die erwähnten Unsicherheiten in der Deutung von Ver-
suchsergebnissen dahin, wenn die Versuche genügend lange ausgedehnt
werden. Es kann eine Bilanz nicht wochenlang positiv sein, ohne daß ein
dem Organismus zugute kommender Ansatz stattfindet. es sei denn, daß