Full text: Die anorganischen Nahrungstoffe. Die Bedeutung des physikalischen Zustandes der Zell- und Gewebsinhaltsstoffe für ihre Funktionen. Die Fermente, ihr Wesen, ihre Wirkung und ihre Bedeutung. Probleme des Gesamtstoff- und -kraftwechsels. Stoff- und Kraftwechsel einzelner Organe und Zellen (2. Teil)

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40 III. Vorlesung. 
mitteln an anorganischen Elementen oft nur auf ihre Trockensubstanz 
oder gar auf 100 bzw. 1000 g Asche berechnet ist. Man spricht von diesen 
Feststellungen aus z. B. von besonders eisenreichen Nahrungsmitteln und 
empfiehlt sie bei Chlorose, ohne zu überlegen, ob von ihnen auch die 
genügende Menge zur Aufnahme gelangt! 
Je tiefer man in die Ergebnisse der Erforschung der Rachitis ein- 
dringt, um so mehr kommt man zu der Überzeugung, daf ihre Entstehung 
kaum von der Kalkzufuhr abhängig ist. Primär liegen offenbar andere 
Ursachen vor. Der Kalk allein vermag keinen Knochen zu bilden. Die Ver- 
háltnisse liegen genau so kompliziert, wie bei der Ausrüstung eines funk- 
- tionstüchtigen roten Blutkôrperchens! Wir haben gesehen, daß eine Un- 
summe von Einzelvorgängen notwendig ist, bis ein solches enstanden ist. 
Beim Knochen liegen die Verhältnisse genau gleich. Zunächst müssen die 
das Knochengewebe vorbereitenden Zellen zur Stelle sein. Sie müssen SO 
beschaffen sein, daß es zur Ablagerung von Kalk kommen kann. Ferner 
müssen alle Bedingungen erfüllt sein, um schließlich das verkalkte Gewebe 
in Knochen zu verwandeln. Die Ablagerung des Kalkes hat Bedingungen 
zur Voraussetzung, die uns zurzeit noch unbekannt sind. Das Kalzium 
wird der Knochengrundsubstanz vom Blutplasma aus zugeführt. Es findet 
sich in diesem, wie schon erwähnt, zum Teil in freiem Zustand, d. h. als 
Salz!) und ferner als Ion und ferner in lockerer Bindung mit Eiweiß zu- 
sammen.?) Die kolloiden Eiweißkörper des Plasmas spielen bei der Lösung 
und Inlösunghaltung des Kalziums insbesondere von Kalziumphosphat und 
_karbonat eine bedeutsame Rolle.?) Fiigt man z.B. zu Blutplasma äquivalente 
Mengen von Kalziumehlorid und Dinatriumphosphat, dann erhält man 
keine Fällung von sekundärem Kalziumphosphat, während beim Zusammen- 
bringen der genannten Verbindungen in wässeriger Lösung sofort eine 
Fällung auftritt. 
Damit das Kalzium zur Ablagerung kommen und dadurch die Grund- 
lage zur Knochenbildung abgeben kann, ist eine bestimmte chemische und 
physikalische Beschaffenheit der organischen Grundsubstanz notwendig.*) 
Weshalb diese in ungeeigneter Form vorhanden sein kann, und worauf 
die Abweichungen im besonderen Fall zurückzuführen sind, wissen wir zur- 
zeit noch nicht. Interessanterweise findet man bei der Rachitis meistens 
noch Störungen anderer Art?) so dab man den Eindruck gewinnt, daß 
nicht nur die Bildung des Knochengewebes geschädigt ist. Freilich sind 
wir vorläufig noch nicht in der Lage, zu entscheiden, welche Störungen 
primärer und welche sekundärer Art sind. 
1) Oscar Loew: Münchener med. Wochenschr. 61..Nr. 18. 5. 982 (1914) schließt 
aus seinen Beobachtungen, daß. das Kalzium als Bikarbonat im Plasma ‚enthalten sei. 
?) P. Rona und Takahashi: Biochem. Zeitschr. 51. 336 (1911). 
3) Wolfgang Pauli und M. Sameé: Biochem. Zeitschr. 17. 235 (1909). — Vgl. ferner 
Franz Hofmeister: Über Ablagerung und Resorption von Kalksalzen in den Geweben. 
Ergebnisse der Physiol. 9. 429 (1910). Hier findet sich weitere Literatur. — Vgl. auch 
H. Schade: Medizin. Klinik. Nr. 2. (1914). 
4) Vgl. hierzu auch F. A. M. Walter Gebhardt: Arch. f. Entwicklungsmechanik der 
Organismen. 32. 727 (1911). — Raphael Ed. Liesegang: Beiträge zur Kolloidchemie des 
Lebens. Theodor Steinkopff. Dresden 1909. — Vgl. auch: E. Freudenberg und P. Gyórgy: 
Biochem. Zeitschr. 115. 96 (1921); 124. 299 (1921). 
5) Vgl. z. B. Robert Bing: Med. Klinik. 3. 10 (1907). 
      
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
   
    
  
  
   
  
    
  
      
    
   
     
       
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90. 23 
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Bioche 
Anat. 1 
72. 39! 
  
	        
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