536 XXIX. Vorlesung.
wissen, wieviel Wärmeeinheiten eine bestimmte Menge einer Verbindung
liefert, dann können wir — vorausgesetzt, daß das Gesetz der Isodynamie
auch wirklieh in allen Füllen gilt, was durehaus noch nicht erwiesen ist —
auch sofort angeben, eine wie große Menge einer anderen Verbindung sie
vertreten kann, immer vorausgesetzt, daß Stoffe vorliegen, die genau ent-
sprechend ihren Kalorien für einander eintreten kónnen. Würde 1 g einer
Verbindung 8 Kalorien liefern und 1 g einer zweiten Verbindung 4, dann
würden 0'5 g der ersten Verbindung 1 9 der zweiten isodynam sein. Es
stehen dann in beiden Füllen 4 Kalorien zur Verfügung.
Wir haben nun schon betont, daß eine bestimmte Menge von
Eiweiß nicht durch stiekstofffreie Nahrungsstoffe vertretbar
ist. Das Gesetz der Isodynamie kann somit nur für die letzteren in vollem
Umfang in Frage kommen, während bei den Proteinen und ihren Bau-
steinen immer die Einschränkung gemacht werden muß, daß ein Teil
davon ganz unersetzbar ist.
Es unterliegt keinem Zweifel, daß unter bestimmten Bedingungen
die. stiekstofffreien Nahrungsstoffe sich genau nach ihrem Energieinhalt
vertreten können, d. h. wenn im Organismus x Kalorien notwendig sind,
dann können sie aus der entsprechenden Menge Fett oder aus jener Menge
an Kohlehydraten frei gemacht werden, die x Kalorien zu liefern ver-
mag. Damit ist jedoch noch lange nicht bewiesen, daß Kohlehydrate und
Fette im Zellstoffwechsel sich nach jeder Richtung hin vertreten können
Kubner hat mit der Aufstellung des Gesetzes der Isodynamie selbstver-
ständlich nur die bestimmte Funktion der organischen Nahrungsstoffe,
Energie zu liefern, im Auge gehabt. Neben dieser Aufgabe fallen diesen
ve
beiden Nahrungsstoffarten noch manche andere zu. Beide spielen im Orga-
nismus in ihrer Eigenschaft als chemische Verbindungen mit besonderer
Struktur, kurz als Stoffe eine Rolle. Beide Arten von Nahrungsstoffen sind
wichtige Zellbestandteile. Die Kohlehydrate können mit ihren besonderen
Kigenschaften die Fette nicht ersetzen. Nun ist uns zwar bekannt, daß
Kohlehydrate in Fette übergehen können. Diese Umwandlung bedarf jedoch
der Energiezufuhr, d. h. sobald bei einem Vorgang die Bildung von Fett
aus Zucker vorausgeht, ist die Isodynamie insofern gestört, als eine größere
Menge von Kohlehydrat notwendig ist, um die gleiche. Kalorienzahl in
Form von Fett zu liefern, als wenn es direkt zur Energielieferung heran-
gezogen wird. Schließlich muß auch noch betont werden, daß noch nicht
scharf bewiesen ist, daß das aus Kohlehydraten hervorgehende Fett für
jede in den Zellen: erforderliche Fettart eintreten kann. Es ist möglich,
daß eine große Zahl von Fettarten aus Zucker gebildet werden kann, es
ist aber auch denkbar, daß das spezifisch gebaute Zellfett mit den Fetten
der Nahrung in direkter Beziehung steht. Daß der tierische Organismus
mit minimalen Mengen Fett lange Zeit auskommen kann, haben die letzten
Jahre bewiesen. Die menschliche Nahrung war vielfach monatelang‘ außer-
ordentlich arm an diesem Nahrungsstoff.
Der Gedanke, daß der Organismus die für bestimmte Leistungen
notwendige Energie bestimmten Nahrungsstoffen entnimmt, ist naheliegend
Wir haben wiederholt festgestellt, daß die Zellen die organischen Nahrungs-
stoffe stufenweise abbauen und dabei auch den Energieinhalt nicht auf