Full text: Die anorganischen Nahrungstoffe. Die Bedeutung des physikalischen Zustandes der Zell- und Gewebsinhaltsstoffe für ihre Funktionen. Die Fermente, ihr Wesen, ihre Wirkung und ihre Bedeutung. Probleme des Gesamtstoff- und -kraftwechsels. Stoff- und Kraftwechsel einzelner Organe und Zellen (2. Teil)

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542 | XXIX. Vorlesung. 
Es läßt sich nun. leicht annähernd berechnen, wieviel Arbeit von den 
genannten Forschern bei der Besteigung des Faulhorns geleistet worden 
ist. Wislicenus wog 76 kg. Durch das einfache Heben dieser Korperlast 
auf die Faulhornspitze sind somit 76 x 1956 = 148 656 kgm Arbeit anf- 
gewandt worden. Unberiicksichtigt ist bei dieser Berechnung die Arbeit 
des Herzens und der Atemmuskeln geblieben. Ferner ist nicht in Rechnung 
gesetzt die Arbeit des Hebens und Senkens der Beine bei jedem Schritt 
und endlich nicht der in Wirklichheit zuriickgelegte Weg beriicksichtigt. 
Stellt man diesen 148 656 kgm Arbeit die oben aus der Menge des um- 
gesetzten Eiweißes berechneten 13 600 kgm Arbeit gegenüber, dann erkennt 
man ohne weiteres, daß, falls überhaupt Eiweifstoffe als Energiequelle 
für die geleistete Arbeit herangezogen worden sind, diese nur einen kleinen 
Bruchteil des gesamten Energiebedarfes decken konnten. 
Unter relativ einfachen Verhältnissen können wir den Energie- 
wechsel im Hungerzustand verfolgen. Wir haben schon bei der Be- 
sprechung des Stickstoffstoffwechsels festgestellt, daß der tierische Orga- 
nismus, wenn die Nahrungszufuhr ausbleibt, den Stoffwechsel und damit 
den Energiewechsel auf ein Minimum herabdrückt. Wir wissen, daß zu- 
nächst vorhandene Kohlehydrate in Anspruch genommen werden. Das 
Glykogen in den Vorratskammern — im wesentlichen Leber- und Muskel- 
zellen — kommt zum Abbau und der gebildete Traubenzucker zur Zer- 
legung. Lange reichen die Vorräte nicht hin. In der Folge bilden dann 
die Fette die Hauptquelle zur Energielieferung für Wärme und Arbeit. 
Die Eiweifstoffe werden fortgesetzt in sparsamster Weise mit in den 
Stoffwechsel einbezogen. Wir wissen somit, was für Stoffe umgesetzt 
werden, und brauchen uns nicht wie bei Stoffwechsel- und Energiewechsel- 
versuchen, während der Nahrung zugeführt wird, um die Frage zu kümmern, 
was von den dem Organismus zur Verfügung gestellten Nahrungsstoffen 
zur Resorption kommt, und was im Darme liegen bleibt. Wir haben auch 
nicht mit der Tätigkeit. der Verdauungsdrüsen zu rechnen. Der Kot ist an 
und für sich an Menge sehr gering und enthält im wesentlichen Bakterien 
und abgestoßene Darmepithelien, ferner Stoffe, die durch die Darmwand 
zur Ausscheidung gelangen, wie KEisen, Kalzium, Phosphorsäure. Wir 
brauchen uns auch nicht um die Art der den Organismus zur Verfügung 
gestellten Nahrungsstoffe zu kümmern. Wir wissen, daß im Hunger das 
Glykogen bzw. der Traubenzucker als Vertreter der Kohlehydrate, das 
Körperfett als Repräsentant für die Klasse der Fette und Muskeleiweiß als 
Typus der umgesetzten Proteine gelten können. Sind uns die Verbren- 
nungswerte dieser Nahrungsstoffe bekannt, dann können wir den Energie- 
wechsel an Hand der Ausgaben an Energie — Wärme und Arbeit 
verfolgen, und kennen wir außerdem noch den Verbrauch an Sauerstoff 
und die ausgeschiedene Kohlensäuremenge und endlich die abgegebene 
Stiekstoffmenge, dann läßt sich berechnen, wieviel von der Gesamtenergie- 
ausgabe auf Kohlehydrate, Fette bzw. Eiweiß entfällt. Die Durchführung 
derartiger Versuche hat zu dem interessanten Ergebnis geführt, daß, ab- 
gesehen von den ersten Hungertagen, der Energiewechsel, auf 1 kg 
Körpergewicht berechnet, nur wenig abnimmt.) 
') Max Rubner: Biologische Gesetze. Akad. Programm. S. 15. Marburg 1887 und 
Die Gesetze des Energieverbrauches bei der Ernährung. Franz Deuticke, Leipzig und 
Wien 1902. 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
	        
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