Full text: Die anorganischen Nahrungstoffe. Die Bedeutung des physikalischen Zustandes der Zell- und Gewebsinhaltsstoffe für ihre Funktionen. Die Fermente, ihr Wesen, ihre Wirkung und ihre Bedeutung. Probleme des Gesamtstoff- und -kraftwechsels. Stoff- und Kraftwechsel einzelner Organe und Zellen (2. Teil)

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66 IV. Vorlesung 
salz als die Bevölkerung der Stádte. Nun nimmt die Stadtbevôlkerung 
ohne Zweifel viel mehr Fleisch auf als diejenige des Landes. Interessant 
ist ferner die Beobachtung, daß jene Völker, die neben Fleisch nur Reis 
genießen, kein Verlangen nach Kochsalz zeigen. Ferner ist bemerkenswert, 
daß z. B. Nansen bei der Beschreibung seiner Reise in den Polargegenden 
nur dann von einem Kochsalzbedürfnis spricht, wenn er gezwungen War, 
ausschließlich von Vegetabilien zu leben. 
Wie außerordentlich groß das Kochsalzbedürfnis werden kann, zeigen 
am besten jene Völkerschaften, denen das Kochsalz nicht ohne weiteres 
zugänglich ist. Insbesondere die Bewohner von Zentralafrika sind zum 
großen Teil ohne direkte Kochsalzversorgung. Brieflichen Mitteilungen aus 
Britisch-Zentralafrika entnehme ich, daß die Einwohner Kochsalz so hoch 
einschätzen, daß sie es zum Teil an Stelle des Geldes für ihre Arbeits- 
leistungen annehmen. Sehr interessant ist der Umstand, daß manche dieser 
Völkerschaften von sich aus einen Ersatz für das Kochsalz gesucht und 
zum Teil auch gefunden haben. Es werden bestimmte Pflanzen verascht. 
Manche Bewohner dieser Gegenden helfen sich auch so, daß sie den Kot 
von Herbivoren verbrennen und die verbleibende Asche verwenden. Während 
es nun manchen Negerstämmen gelungen ist, gerade jene Pflanzen — ins- 
besondere Salsolazeen — ausfindig zu machen, die mehr Natrium als Kalium 
besitzen, sind andere weniger glücklich gewesen und haben sich ein Salz- 
gemisch bereitet, in dem Kaliumsalze vorherrschen. Bunge!) fand z. D. bei 
der Analyse einer solchen als Zusatz zur Speise von südlich von Chartum 
lebenden Bewohnern verwendeten Asche 1927*/, Na, O und 492»*/, K,O. 
Auf ein Äquivalent Kali kommen 6 Aquivalente Natron. Die Einwohner 
von Ntonda (Angoniland, Britisch-Zentralafrika) waren nicht so findig. Sie 
setzten der vorwiegend vegetabilischen Nahrung ein Salz zu, das 21-98°/, K CI 
und nur 0-47°/, NaCl enthilt.2) Jetzt ist diesem Volke das Kochsalz in 
reiner Substanz zugänglich geworden. Infolgedessen wird die Salzbereitung 
durch Veraschung von Kot von Pflanzenfressern nicht mehr in so großem 
Umífange ausgeführt. 
Bunge hat sich nach diesen Feststellungen die Frage vorgelegt, in 
welchem Zusammenhange das Bedürfnis nach Kochsalz mit der Art der 
Nahrung und insbesondere mit dessen Mineralbestandteilen steht. -Die 
vegetabilische Nahrung unterscheidet sich, was die letzteren anbetrifft, in 
erster Linie von der animalischen durch den hôheren Kaliumgehalt.*) Der 
Pflanzenfresser nimmt mit der Nahrung 3—4mal soviel Kaliumsalz aut 
als der reine Fleischfresser. Vor allem enthalten die Kartoffeln viel Kalium- 
salze. Auch der Klee und das Wiesenheu sind reich daran. Nur bei ganz 
wenigen Pflanzen, wie bei den schon erwáhnten Chenopodium- und Atriplex- 
arten und ferner bei den Salsolazeen überwiegt das Natrium. Der hohe 
Kaliumgehalt der meisten Pflanzen erklärt sich ohne weiteres aus dem 
großen Kaliumreichtum des Ackerbodens. Dieser hat, wie schon erwähnt, 
die Eigentümlichkeit, Natriumsalze durchzulassen, während Kaliumsalze von 
ihm festgehalten — adsorbiert werden. Beständig werden große Mengen 
') G. v. Bunge: Zeitschr. f. Biol. 14. 484 (1901). 
3) Emil Abderhalden: Pflügers Archiv. 97. 103 (1903). — Vgl. auch G. v. Bunge : 
Zeitschr. f. Biol. 51. 105 (1908). — L. Lapicque: L'Anthropologie. S. 35 (März 1895). 
?) Vgl. hierzu S. 52. 
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
  
  
   
  
	        
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