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Durch das Beſchneiden wird die Benutzung der Blätter, wie bey den Mauls
beerbäumen und Eſchen, eine größere Fruchtbarkeit bey den Fruchtbäumen durch
das Abnehmen der überflüſſigen sogenannten Waſſerreiſer, überhaupt damit
manche nützliche, nöthige und manche ſchädliche Abſicht erreicht; mancher Baum
wird dadurch erhalten und mancher verdorben. So werden auch die Wurzeln
beym Verpflanzen eines Baums oft mit Nutzen beſchnitten, und viele Bäume
erhalten dadurch einen ſtärkern Zuwachs und eine mehrere Fruchtbarkeit, wenn
ihnen ein Theil der Wurzeln abgenommen wird. Der Stamm eines jeden
Baums, deſſen Rinde durch Zufall zu hart geworden iſt und bey dem Zuneh-
men des Baums nicht gehörig nachgiebt, kann mit gutem Erfolge aufgerilzt
werden. So werden zur Benutzung die Nadelholzarten zu Pech, Harz, Ter-
pentin, aufgehauen oder gelachtet, der Korkbaum wird ſogar abgeſchälet, und
mancher Baum durch das Aufſchneiden eines ſogenannten Krebsſchadens oder
Brandfleckens, von seinem Untergange gerettet.
§. 147.
Da durch das Beſchneiden, und durch die natürliche Beſchädigung bey
den Bäumen und Gewächſen eine Verwundung und Verſtümmelung vorgeht:
ſo hat die Natur auch ihnen die Eigenſchaft gegeben, ſolche wieder durch andere
Theile zu erſeßen und auszuheilen; und die Art und Weise, wie ſie dabey vers
fährt, hat mit der Heilungsart bey den animaliſchen Körpern vieles gemein.
So wie also bey dieſen die Verwundeten oder verſtummelten Blutgefäße erſetze
werden, durch welche ſtatt der ehemaligen, alsdann der Umlauf des Bluts ers-
halten wird, so geschieht dieses auch bey den Saftröhren der Bäume, wie man
es bey der Anatomie eines vormals abgehauenen , und nachher überwachſenen
Aſts bemerken kann, wovon der Theil der Holzfaſern und Saftröhren, welcher
im Stamm verwachsen iſt, nach dem Abhauen des Aſts oft nur auf der Ober-
fläche der Wunde abſtirbt, übrigens aber durch das Umlaufen des Safts erhals
ten und dem Stamme dafür nüßtzlich wird.
§.. 148.
Aus der bis hieher in etwas erklärten Anatomie der Bäume und der dar-
auf gegründeten Vermuthungen, wie die Natur bey der Vegetation derſelben zu
Werke gehen mag, laſsen ſich einige Anweisungen und Regeln herleiten, welche
man beym Beſchneiden der Bäume zu dieser oder jener Abſicht zu beobachten
habe: Ich will davon hier nur z. B. etliche allgemeine anführen, und. das weit-
läuftigere davon zur Beſchreibung einzelner Holzarten verſparen.
§. 149.