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andern mehr aus, ſie zeigen ſich schon mit Stamm, Aeſten und Zweigen und
erreichen in einem guten Boden, im flachen Lande oder auf den niedrigen Land-
gebirgen und unter sonſtigen vortheilhaften Umſtänden nach acht bis zehn Jahs-
ren eine Höhe von zwölf bis funfzehn und mehrere Fuß, und dabey oft eine
Stammdicke von anderthalb Zoll; da ſie hingegen in einem ſchlechten Grunde
auf hohen Gebirgen, und bey andern Hinderniſſen in der Zeit kaum die Höhe
des. um ſie her ſtehenden Graſes, oder von ein Paar Fuß erlangen. So hängt
uberhaupt das beſſere und ſchlechtere Gedeihen und Wachſen der Eiche von ihrer
erſten Entſtehung an bis zu ihrem mehrere hundert Jahre langen Alter von
den derselben mehr oder weniger günſtigen Umſtänden ab. Manche elende ver-
kruppelte Eiche auf einem moorigten Grunde, deren kurzer vermaaſerter Stamm
in ihrem hohen Alter kaum dem Stellmacher dienen kann, würde eben so gut zu
einer Mühlenwelle herangewachsen seyn, wie ihre Schweſtern von gleichem
Alter, welche die Vorsicht mehr begünſtigt und auf beſſern Grund gepflanzet
hat ; und viele müſſen aus Mangel der Nahrung ſchon in ihrer Minorennität
hinſterben.
§. 2%224.
Aber auch unter den günſtigſten Umſtänden hat die Natur der Eiche, ſo
wie andern Dingen, ihr Ziel geſeßkt. Ihren raſchen Zuwachs pflegen ſte also
in hundert bis hundert und funfzig Jahren zu beendigen; dann nehmen ſie
nicht mehr ſtark an der Höhe, sondern nur in der Dicke des Stammes und an
Aeſten zu; ſie haben alsdann gleichſam ihre Mannbarkeit erlangt und bringen
eine ungeheure Menge Saamen zur Fortpflanzung ihres Geschlechts, womit ſie
bis zu ihrem Ende fortfahren. In dem zweyten Jahrhunderte erhält die Eiche
ihre wahre Stärke; im dritten zeichnen ſich nur wenige mit der ihnen zum Zu-
wachs nöthigen Geſundheit aus, und die im vierten Jahrhunderte noch geſund
und zu großen Bauſtücken, als zu Hammerwellen und dergleichen, zu gebrauchen
ſind, gehören zu den seltenen Bäumen ihrer Art.
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Und auch schon in den lezten Jahren ihrer ſcheinbaren Vollkommenheit,
treten bey der Eiche ſo wie bey andern Geſchöpfen die ihnen eigenen Schwach-
heiten ein, und während daß ſie durch den noch jährlich zuwachſenden Jahrsring
in der Dicke des Stamms und der Aeſte zunehmen, gerathen andere Theile,
besonders in der Mitte des Stamms in Stockung, und gehen nach und nach
in Vermoderung über, in welchem Zuſtande aber die Eiche und besonders die
Wintereiche wegen ihres vorzüglich festen und der Fäulniß am mehrſten wider-
ſtehen-