185
darin zu größerer Stärke gelanget; im entgegengeseßten Falle aber wird eine
im flachen Lande oder in einem warmen Thale gezogene Eiche nicht auf den Hö-
hen in den kalten Gebirgsforſten fortkommen, weil ſie darin nicht gegen die kal-
ten Winde geſchützt ſteht.
§. 293.
Eine der vorzüglichſten Eigenschaften eines guten Pflänzlings beſteht darin,
daß derſelbe nach dem Ausroden eine hinlängliche Menge unbeſchädigter Wurs
zeln behalten hat, daß dieſe. die gehörige Lage haben, und mit vielen Haarwurs
zeln beſet ſind. Es ſind deswegen die Pflänzlinge mit ſtarken Pfahlwurzeln,
oder mit einzelnen nur an einer Seite herausgewachſenen ſtarken Nebenwurzeln
zum Verpflanzen untauglich, weil solche Wurzeln beym Ausroden sehr beſchäs
digt und gewöhnlich faſt ganz abgehauen werden müſſen.
Dergleichen ſtarke Hauptwurzeln haben auch nahe am Stamm nur wenige
Nebenwurzeln, so, daß durch solche Beſchädigung oft das ganze Wurzelgebäude
ſo geſchwächt wird , daß der Baum auch in dem beſten Boden nicht angehen
kann.
§. 294. :
Der Stamm eines Pflanzheiſters muß jung, gerade, geſund, unbeſchä-
digt, ſtämmigt, nicht zu lang und nicht zu ſchwankend seyn; alle krumme, ver-
wachſene, krebſigte, ſtarkbemooſte oder ſehr beſchädigte Stämme sind also zum
Verpflanzen zu verwerfen, weil dadurch das ihnen bereits eigene Uebel nur noch
mehr verſchlimmert werden würde. Die zu langen, schwankenden Stämme,
welche ohne Pfahl ſich nicht gerade halten, und beym Winde und Rauhreif, ja
ſelbſt durch ihre eigene Beblätterung ſtark gebogen werden, taugen dazu ebens
falls nicht. Vor allem aber muß man ſich hüten, alte, vermaaserte , unters
drückt geſtandene Stämme zu verpflanzen, welche nur bey ihrem kümmerlichen
Leben noch ihr ſchwaches heiſterähnliches Ansehen behalten haben , und durch
ihre runzlichte, aufgesprungene Borke, ihre zwergmäßige Großjährigkeit bezeus
gen. Zum Beyſpiel von unsinnigen Pflanzungen dieser Art kann ich die ans
führen, mit denen man sich im Neuhäuſer Oberforſtreviere seit mehrern Jahren
gequält hat, zu welchen man die unterdrückten Eichenheiſter aus alten funfzigjäh-
rigen Zuſchlägen genommen, und, weil ſe oben und unten faſt gleich dick, und
über dreyßig Fuß lang ſind, auf die Hälfte abgehauen, und dann in den dortis
gen Moorboden mit ihren nackten Wurzelſtümpfen eingerodet hat. Diese psle-
gen alsdann, .wenn ſie nicht gleich vertrocknen, die erſtern zehn Jahre kümmers-
A g 23 lich
r 5 .:: :::: E 25 722 §.