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Ob man in den Pflanzen den Umlauf des Safts ſo vermuthen solle, wie
der Umlauf des Bluts in den animaliſchen Körpern durch die Arterien oder Puls-
adern vom Herzen, und nach dieſem in den Venen oder Blutadern dahin zurück
bewirket wird, darüber ſind die Naturkündiger nicht einig, vermuthlich, weil ſie
rait der Idee, den Pflanzen ein gewisses Leben beyzulegen, noch nicht genugſam
vertraut ſind. : ;
Ich glaube die hierin mit einander ſtreitenden Hypothesen vereinigen zu
können, wenn man ſich den Umlauf des Safcts in den Pflanzen nur nicht gerade .
ſo, wie in den animaliſchen Körpern, worin die ganze Blutmaſſe unaufhörlich
und schnell herumgetrieben wird, vorſtellet, sondern ſich bloß einen ſolchen Um-
lauf des Safts denkt, den die enge und wechselſeitige Verbindung der Pflanzens
theile vermuthen läßt, und der eigentlich mehr wie ein Aufſteigen und Zurücktre-
ten des Safts anzuſehn iſt, als wie eine immerwährende Circulation deſſelben :
denn es iſt eben ſo wenig wahrſcheinlich, daß z. B. das an die Wurzel eines
Orangenbaums gegoſſene Miſtwaſsser gleich nach dem erſten Durchlaufen durch
die Holzfibern zu dem wohlriechenden Saft den die Blumen erfordern und aus-
dünſten, umgearbeitet werde, als daß die Wurzeln eines Baums gleich aus dem
rohen Waſſer ihre Holztheile und feinſtes Röhrengewebe bildeten. Auch kann
man aus der Erfahrung und einigen oben über die Holzfibern angeführten Vers
ſuchen ſich überzeugen, daß vielleicht eine eben so große Menge Luft- und Safes
röhren von den Wurzeln durch den Stamm und die Zweige in die Blätter, Blus
men und Früchte geht, als aus diesen zurück in die Wurzeln ; auch daß die Blät-
ter ſowohl aus Ausdünſtungs als Saugungsgefäßen beſtehen, durch welche leßs
tere der Stamm und die Wurzeln Nahrungsſtoff erhalten.
$. 9-.
Bey gepfropften Bäumen, bey welchen der Urſtamm ſowohl, wie der
auf denselben gesetzte Theil, immer unverändert das bleiben, was ſie vor ihrer
Verbindung waren, ſcheint dieser Umlauf des Safts etwas Unwahrſcheinliches
zu haben, man müßte denn einem jeden Theile die ihm dazu ndöchigen Abſons-
derungsorgane zueignen, womit der eine Theil den ihm zu- und zurückgeführten
Saft für ſich erforderlich umzuändern und wiederherzuſtellen im Stande ſeyn
î könnee.
Ich muß es jedem meiner Leſer überlaſſen, hierin, ſo wie in so ſehr vielen
natürlichen Erſcheinungen, ſich eine eigene in etwas befriedigende Hypotheſe aus-
zus