Heerlener Exportgut ?
1. Flaschenfôrmige Urnen. Im Museum Hamburg (Kat. Nr. 1908 : 108) befindet sich ein
flaschenförmiges, ziemlich dickwandiges, gedrehtes Gefäß aus ziegelrotem Ton vom Urnenfriedhof
Wester-Wanna, das bisher noch nicht veröffentlicht worden ist. H. 16,2 cm, größter Dm.
16,5 cm, Dm. des Fußes 7,2 cm. Über dem Umbruch befindet sich eine horizontale Reihe von Buckeln,
die nicht von innen herausgedrückt sind. Inhalt: calc. Knochen eines Halberwachsenen; Beigaben
fehlen 22°). Fr. Behn, dem die Photographie des GefáBes vorgelegen hat, bemerkt dazu: „Die auf
eine bekannte Laténform 227) zurückgehende Flasche môchte ich nicht als rein rômisch bezeichnen,
wenn auch technisch ein römischer Einfluß wohl vorhanden sein mag.“
Das Gegenstück zu dieser Form tritt in Heerlen in zwei Exemplaren ??®) und mehreren
Fragmenten als „een terranigra-achtig glanzend zwart dik baksel“ auf. Da zwei der Fragmente direkt
im Ofen III gefunden sind, handelt es sich sicher um eine an Ort und Stelle angefertigte Ware.
2. Gedrehte eitórmige Becher, Ein GefiB aus B rinkum, Kr.Syke (Mus. Bremen Kat.
Nr. 1474) 22°) ist aus grauem, sehr feingeschlämmtem Ton klingend hart gebrannt; der Rand ist
wulstig verdickt. An der von WeiBenborn gelieferten Abbildung sind nur horizontale Streifen
von verschiedener Färbung erkennbar; am Unterteil befindet sich aber auch noch eine Schleifenlinie,
die an der Abbildung nicht hervortritt. Fr. Behn 22%) setzt dieses GefdB ins 3. Jahrhundert und
verweist auf Vergleichsmaterial unter den jüngeren Limesfunden, wovon nur. die Schlingenverzie-
rung am Bauche abweicht. Er fügt dann aber bezeichnenderweise noch die Bemerkung hinzu: „Die
Arbeit ist recht roh; die Urne ist möglicherweise ein Produkt einer weit vorgeschobenen
Töpferei, die speziell für die Bedürfnisse der Germanen gearbeitet hat.*
Dieselbe Form und Verzierungsweise findenwir bei einem dickwandigen GefáB von grauem Ton
aus Wester-Wanna (Mus, Hambu rg Kat. Nr. [1903?]: 6; noch nicht veröffentlicht) ; Höhe
16,8 cm, größter Durchmesser 11,95 cm, Durchmesser des Fußes T,lcm, und bei dem gedrehten,
im Bruch orangegelben Becher mit rotem Überzug aus Altenwalde, Kr. Lehe (Mus. Ham-
burg??!, eine sehr áhnliche Form und Verzierungsweise ferner bei einem zweiten GefäB von dem-
selben Friedhof (Mus. Hamburg ???), Die beiden letzten GefáBe setzt Fr. Behn ?33) ebenfalls ins
3. Jahrhundert. Bei dem ersten Exemplar aus Alten walde kehrt als Ornament auch das Wellen-
linienband wieder, das wir an dem Becher von Brinkum finden. Aus der wenig sorgfältigen Art
der Herstellung dieser Wellenlinien schließt Rautenberg?**), daf der Becher nicht aus provin-
zial-rómischem Gebiet herstammen kónne, sondern in der Gegend zwischen Elbe und Weser her-
gestellt sein müsse.
Um aui diese letztere MutmaBung wenigstens ganz kurz einzugehen, sei darauf verwiesen, daß
. Sich in Dingen die Tradition erhalten hat, daB auf der Barward in alter Zeit eine Tôpferei be-
standen habe. Bevor man jedoch der Vermutung, daß die schwer herzuleitenden Funde bei Din gen
hergestellt sein könnten, weiter Raum gibt, wäre noch die Fundstelle auf der Barward genauer
zu untersuchen, als es, wie schon weiter oben hervorgehoben wurde (vgl. S. 1), bisher möglich war.
Ich glaube, daß man nicht zu so gewagten Hypothesen zu greifen braucht, sondern für jene,
von der einheimischen Ware abweichenden, gedrehten Gefäße, deren provinzial-römischer Ursprung
unsicher erscheint, vorläufig doch besser Heerlen als Ursprungsort annimmt, wo eine in Form
und Verzierung ganz verwandte Ware nachzuweisen ist.
?*) Nach freundl. Mitt. von Herrn Dr. Byhan, Hamburg.
?") Vgl. auch Loeschcke, Mitt. d. Altertums-Komm. f. Westialen V, 1909, S. 202,
23) GooBens u. Everlein, Oudh. Mededeelingen III, 1909, Taf. XXXII, Fig. a) b).
?») WeiBerborn, Abh. Nat. Ver. Bremen XIX, H. 2, 1908, Tai. XI, Fig. 11.
280) Briefl. Mitt.
5$) Rautenberg, Jahrb. d. Hamb. wiss. Anstalten IV. 1887, Taf. I, Fig. 13.
232) Ebend. III, 1886, Taf. I, Fig. 3, S. 141.
233) Briefl. Mitt.
23%) a. a. O. IV. S. 154. Neuerdings ist auch K. Waller auf Rautenbergs Ansicht zurückgekommen und nimmt
an, „daß sich chaukische oder iriesische Stammesangehórige in Belgien die Technik der Herstellung geschlámm-
ter Tonwaren aneigneten und daB einige besonders Hihige Topfer diese Kunst in der Heimat in den dort üblichen
Gefäßformen weiter übten^, Jahrb. d. Münner v. Morgenstern, XXVI, 1934, S. 106,
54