113
dann gewöhnlich in die Todlage — weil während dieser Periode der
Dampfüberdruck sehr schnell anwächst und also bei einem hierhin ver-
legten Druckwechsel der resultierende Horizontaldruck in der Regel sehr
steil gegen die Zeitachse ansteigt. Man wird vielmehr unter solchen
Verhältnissen darnach zu trachten haben, den Druckwechsel mehr von
der Todlage zu entiernen. Das Mittel hierzu bietet die Kompression!)
des Damplfes, die, in richtiger GróDe angewandt, ein in jedem beliebigen
Grade gewünschtes Anwachsen des Damptüberdruckes gegen den Massen-
druck und ein entsprechend flaches Durchschneiden der Zeitachse von
der resultierenden Horizontaldruckkurve ermóglicht.
Auch Stribeck hàált im Gegensatz zu der álteren Ansicht Radingers
den StoB für um so ungefáhrlicher, je weiter derselbe vor der Todlage
stattfindet, zumal die Vorgänge nach dem Stoß, bezüglich derer aui die
Abhandlung Stribecks selbst (siehe die Anmerkung auf S. 112) verwiesen
werden muß, für die Sicherheit der einzelnen Teile um so bedenklicher
werden, je näher Druckwechsel und StoB der Todlage liegen. Die
zwischen Zapfen und Lagerschale befindliche Ölschicht trägt durch ihre
polsterartige Wirkung ebenfalls zur Sanftheit des Stoßes bei, und zwar
um so mehr, je größer bis zu einer gewissen Grenze ihre Dicke, je ge-
ringer also die zwischen beiden Teilen herrschende spezifische Flächen-
pressung ist.
Wird am Ende des Kolbenhubes dagegen der Massendruck größer
als der Dampfüberdruck, so tritt der Druckwechsel und Stoß hinter der
Todlage ein. Es kommt dies namentlich bei großen Maschinen mit
schwerem Gestänge und hoher Kolbengeschwindigkeit vor. Hier bleibt
die Kompression ohne Einfluß auf den Druckwechsel. Der Stoß fällt in
solchen Fällen gewöhnlich heftiger aus, wenn die Massendrucklinie wie
in Fig. 76 die Dampfüberdrucklinie während des Dampfeintrittes schneidet,
als wenn dies während der Expansion geschieht. Im letzteren Falle treffen
sich nämlich beide Linien meistens unter einem viel spitzeren Winkel
und nimmt der resultierende Horizontaldruck während des Druckwechsels
viel langsamer ab und zu.
Bemerkt sei noch, daB das angegebene Verfahren zur Bestimmung
des Druckwechsels nicht ganz genau ist, da streng genommen das Eigen-
gewicht der Schubstange und andere vom Trágheitsmoment derselben
herrührende Seitenkräfte, sowie die Kolben-, Kolbenstangen- und Kreuz-
kopireibung mit berücksichtigt werden müßten. Auch läßt sich bei zu
entwerlenden Maschinen der Verlauf der Druckkurven von vornherein
nicht ganz genau angeben. Man wird deshalb gut tun, mit einer móg-
lichen Verschiebung des Druckwechsels bei der Verfolgung und Beurteilung
der vorliegenden StóBe zu rechnen.
') Wenn erforderlich, noch unterstützt durch eine genügend lange Voraustritts-
periode auf der anderen Kolbenseite.
Pohlhausen, Kolbendampfmaschinen. 15