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S 156. Die Anordnung der Mehrzylindermaschinen. Die liegenden
zweistufigen Expansions(Verbund)maschinen werden zur weitaus
größten Zahl jetzt in Tandemanordnung mit hintereinander liegenden
Zylindern gebaut. Die Vorteile, welche diese Anordnung gegenüber der
Zwillingsanordnung mit nebeneinander befindlichen Zylindern und zwei
Kurbeln unter 90° besitzt, bestehen in dem geringeren Platzbedarf, den
etwas niedrigeren Herstellungskosten, der leichteren Bedienung infolge
Wegfalles des zweiten Triebwerkes und der Möglichkeit, die Anlage bei
steigendem Kraftbedarf durch eine zweite, gleich wirtschaftlich arbeitende
Maschinenhälfte leicht vergrößern zu können. Diesen Vorteilen der
Tandemanordnung steht als Nachteil neben der erschwerten Zugänglich-
keit der Stopfbuchsen in dem Verbindungsstück beider Zylinder die
schwierige Herausnahme des vorderen Kolbens gegenüber, die zwar im
allgemeinen nur selten nótig wird, im Bedarfsfalle aber bei der Zwillings-
anordnung wesentlich leichter ausgetührt werden kann. Der Umstand,
daB bei der letzteren das Schwungrad zur Erzielung desselben Ungleich-
fórmigkeitsgrades leichter zu sein braucht, fállt gewóhnlich nicht ins Ge-
wicht. Dagegen ist zu beachten, daB die Tandemanordnung einen langen,
schmalen, die Zwillingsanordnung einen kurzen, breiten Raum zu ihrer
Aufstellung erfordert.
Für überhitzten Dampf ist die Tandemanordnung mit hinten
liegendem Hochdruckzylinder (Fig. 1, Taf. 13) jetzt ziemlich allge-
mein gebräuchlich, obwohl ihre Vorzüge nicht von allen anerkannt werden.
Die Abrückung des heißen Hochdruckzylinders von dem Maschinenrah-
men verhütet nicht nur eine zu starke Erwármung der Führung und die
damit verbundenen Wärmeverluste, sondern der Niederdruckzylinder
braucht auch nicht mehr um die ganze Ausdehnung des stark erhitzten
Hochdruckzylinders verschoben zu werden. Die Ausdehnung der Zylinder
in vertikaler Richtung fällt ferner bei der neuen Anordnung weniger be-
denklich aus und erfolgt entsprechend der geringeren Erwärmung des
Niederdruckzylinders und stärkeren des Hochdruckzylinders nicht mehr
in gekrümmter Linie, wie es bei der alten Anordnung mit vorne liegendem
Hochdruckzylinder der Fall ist, sondern von vorne nach hinten mehr
stetig ansteigend. Endlich macht der hinten liegende kleine Kolben
eine besondere hintere Kolbenstangenführung entbehrlich. Über die Aus-
bildung des Mittelstückes, durch dessen Öffnung der Niederdruckkolben
nach gelöster Kolbenstange herausgenommen werden muß, siehe § 159.
Fig. 328 gibt die Anordnung einer Zwillings-Tandemmaschine,
auf welche, wie schon erwähnt, die einfache Tandemmaschine bei einer
nachträglichen Vergrößerung der Kraftanlage ergänzt werden kann. Jetzt
wählt man die Anordnung aber auch vielfach von vornherein anstelle
einer ebenso großen dreistufigen Expansionsmaschine, die dann einen
geteilten Niederdruckzylinder erhalten müßte. Gegenüber dieser bietet
die Zwillings-Tandemmaschine bei annähernd gleichem Dampiverbrauch
den Vorteil einer genau gleichen Arbeitsverteilung auf beide Kurbeln und