Einleitung.
In den Kolbendampfmaschinen wird der statische Druck des Dampfes zur
Leistung mechanischer Arbeit benützt. Der Dampf drückt zu diesem Zwecke
in dem Dampfzylinder der Maschine abwechselnd auf die beiden Seiten eines
Kolbens und verschiebt ihn in gerader Richtung zwischen seinen Hubgrenzen,
Die hin- und hergehende Bewegung des Kolbens wird dann vermittels eines
Kurbelgetriebes in die drehende Bewegung der Kurbelwelle umgesetzt und
dadurch zum Antrieb einer Transmissions- oder Arbeitsmaschinenwelle ver-
wendbar gemacht. Von dem Kurbelgetriebe ist die Kurbel auf der Kurbel-
welle befestigt oder mit ihr aus einem Stück geschmiedet. Der Kreuzkopf, der
mit dem Kolben durch die Kolbenstange verbunden ist, besitzt eine Gerad-
führung, damit er nicht bei schräger Stellung der schwingenden Schubstange
aus seiner geraden Bewegungsrichtung gedrückt wird. Die Geradführung ist
mit dem Zylinder und den Kurbelwellenlagern teils unmittelbar, teils vermittels
eines Rahmens, der alle inneren Kräfte ohne merkliche Erschütterungen und
Deformationen aufzunehmen hat, auf dem Maschinenfundamente befestigt.
Von den beiden Seiten des Kolbens heißt diejenige, die nach der Kurbel-
welle hin liegt, die Kurbelseite, diejenige, die von der Welle ab liegt, die
Deckelseite?. Die Dampfverteilung auf beiden Kolbenseiten wird durch die
Steuerung der Maschine bewirkt. Sie sorgt dafür, daD jede Kolbenseite ab-
wechselnd und zur richtigen Zeit in Verbindung tritt mit einem Kanal, durch
den der frische Dampf in den Zylinder, und mit einem solchen, durch den der
benützte Dampf wieder aus dem Zylinder gelangen kann. Man unterscheidet
die innere und die äußere Steuerung. Jene umfaBt die AbschluBorgane,
also die Schieber oder Ventile, welche die erwähnten Dampfkanäle öffnen und
schließen, diese den Mechanismus, durch den die Abschlußorgane von der
Kurbelwelle aus bewegt werden.
Während einer Umdrehung der Maschine werden zwei einfache Hübe vom
Kolben durchlaufen. Der eine ist ein Hin-, der andere ein Rücklauf. Beim
Hinlauf bewegt sich der Kolben nach der Kurbelwelle hin, beim Rücklauf
von dieser fort. Während einer Umdrehung kommen ferner die Mittellinien
der Kolbenstange und Kurbeltriebteile zweimal in dieselbe gerade Linie zu
liegen. Der Kolben befindet sich dann in den Endlagen seines Hubes, und der
Dampfdruck, der ebenfalls in der Richtung jener Geraden wirkt, ist allein
nicht imstande, das Kurbelgetriebe aus diesen Lagen zu bringen. Man nennt
!) In der Praxis ist es üblich, die Deckelseite bei liegenden Maschinen mit hinten, bei
stehenden mit oben und die Kurbelseite entsprechend mit vorn bzw. unten zu bezeichnen.
Pohlhausen, Kolbendampfmaschinen. 5. Aufl. 1