Full text: Der Holzbau (8. Band)

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am nächsten kommt. Man hat auch Renaissance-Schrift verwendet, aber dieselbe 
hat leider lateinische Buchstaben. Rein gotische Schrift aber ist für die meisten 
ganz unleserlich. In Fig. 242 ist hier ein Alphabet zusammengestellt, das in 
gotischer Frakturschrift gehalten ist und zu Inschriften wohl geeignet sein dürfte. 
Die Buchstaben erinnern an sogen. Schwabacher Lettern, die wir ja auch heute 
noch bei deutschem Druck mit Vorliebe verwenden und die leicht leserlich und 
leicht ausführbar sind (nach S. Meyer, Ornamentale Formenlehre). 
Was nun den Inhalt solcher Haussprüche anbelangt, so kann derselbe gar 
verschiedenartig sein, je nachdem Charakter und Laune des Erbauers hier zum 
Ausdruck kommen sollen. Als Muster wollen wir im Nachstehenden einige 
Sprüchlein wiedergeben, wie sie aus alter und neuer Zeit am Fachwerkshause 
Platz.gefunden haben. 
Der fromme Mann stellt sein Haus in Gottes Schutz und schreibt : 
„Deß’ Haus ftebt [ange feft — ber fid) auf Gott verläßt“. 
oder: 
„Wo Bott nicht giebt sum Bawn fein Gunft — da ijf alU unfre Kunft une 
funft“. 
oder : 
Jit Gott thu Alles fangen an — fo wirft Du Olüd unb Segen ban". 
Von einem frommen Sinne des Erbauers gibt auch der folgende alte und 
oft angewandte Hausspruch Zeugnis: 
„Wir bauen hier fo fefte — Und find gar fremde Gäfte — Da wir follen 
ewig fein — Da bauen wir gar wenig ein“, 
An der Schwelle im oberen Stock eines Hauses vom Jahre 1612 (Fig. 230) 
lesen wir: 
„Bott der alle Dinge vermag —. Behüt dies Haus bei Nacht und Tag — 
Er wolle us aud) geleiden — Dan wir vonhin follen fheiden“. 
Andere Inschriften geben Kunde von der Glückseligkeit des Besitzers 
(„beatus possessor“) und von einem gewissen Trutz gegenüber der Mitwelt. So, 
wenn man liest: 
n3d hab’ gebaut nah meinem Sinn — Und es gefällt mir wohl darin — 
Bar Mancher fhaut’s und tabelt bran — Was er nicht beffer madben fan". 
Mit demselben stolzen Gefühl schreibt der Altmeister der Hannoverschen 
Schule an sein Heim: 
„Ein Jeder baut mad) feiner Nafe — HH heiße Conrad Wilhelm Baje*. 
Ein anderer oft benutzter Spruch lautet: 
„Wer bauen will an offner Straßen — Muß Weider und Narren tadeln 
laffen". 
oder: 
„Wer diefes Haus hier tadeln will — Der ftehe nur ein wenig {till — Und 
fage ohne Schmeichelet — Db wohl das feine beffer fei". 
oder: 
„Und ob mein Haus Euch nicht gefällt — Es Foftet mein nicht Euer Geld“. 
  
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