V. Bildhauerkunſt
Die Bil d h au e rk unt beginnt in Preußen
im Kulmer Lande mit ein paar frühen Tonbild-
werken an Ordensburgen. Der Reiter über dem
Burgtor in Birgelau iſt vielleicht das älteſte Werk,
um 1270. Es folgen der Sigurenſchmuck der gol-
denen Pforte zu Marienburg und die Tonfiguren
an der Pfarrkirche zu Griffen (Kr. Thorn); letztere
stammen wohl aus einer Werkſtatt, die um 1280
Bildwerke für die Schloßkapelle zu Graudenz ſchuf.
Der kleine Maßstab und das bisher in der deutſchen
Kunst ungewohnte Material führten zu ktüinſtleri-
ſcher Selbständigkeit, die den Arſprung des Stils
verwiſchte. In Marienburg konnte man noch an
thüringiſche Herkunft denken, etwa an Naum-
burg, im Kulmer Land ist das nicht möglich. Die
nächſte Entwicklungsstufe, Anfang des 14. Jahr-
hunderts, verwendet den Stuck, und da tritt uns
gleich eine Reihe ausgezeichneter Kunstwerke in den
Pfeileraposteln der Liebfrauenkirche zu Kulm ent-
gegen. Schlanke Gestalten, ohne Biegung in der
Körperhaltung, mit etwas eckigen Salten, stehen
hier vor uns, im höchſten Sinne monumental auf-
gefaßt. St. Sebald in Nürnberg oder die Chriſtus-
figur aus St. Jakobi zu Lüibeck bieten verwandte
Züge, vielleicht ist die lübiſche Herkunft des Künſt-
lers die wahrſcheinlichere, wenn wir bedenken, daß
die damals aufblühende Stadt Kulm am Hanſe-
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