Full text: Taschenbuch der Farben- und Werkstoffkunde

großen ganzen will man in Tempera auch jenen matt- 
leuchtenden Charakter erzielen, der dem Leimfarben- 
anstrich eigen ist und ihn von der Oltechnik unter- 
scheidet. Es gibt aber auch Maler, die sich mit Tempera 
dem Olcharakter nihern wollen und damit Farben 
wiinschen, die sich beim Trocknen nicht so stark auf- 
hellen wie die Lasurfarben in der Leimtechnik. Im er- 
sten Fall können wir die Wirkung annähernd so gut auf 
einfacherem Wege erzielen, indem wir einfach Leim- 
farben verwenden. Und aus diesem Grunde werden ja 
die gebrauchsfertigen Leimfarben in Tuben auch mit 
dem irrigen Namen ,,Temperafarben" belegt (s. S. 211). 
Optisch ist der Unterschied zwischen diesen und den 
Emulsionsfarben gering. Aber wegen der geringen 
Wasserechtheit dieser ,,Studientempera“- oder Leimfar- 
ben und wegen der hierbei nicht sehr sorgfältigen Far- 
benauswahl ist ihre Verwendung für Kunstzwecke aus- 
geschlossen. Fine Abart der Tempera, die sich auf Ver- 
wendung von Stärkegallerte autbaut und als ,,Suspen- 
tionstempera“ bezeichnet werden könnte, wird von 
W. Schmincke hergestellt. 
Der optische Charakter der gewöhnlichen Leimfar- 
benmalerei ebenso wie derjenige mit Temperafarben 
normaler Emulsionsanreibung ist bekannt für eine Tech- 
nik, die man Gouache nennt und für welche gerade 
die Deckwirkung charakteristisch ist. Durch Verwen- 
dung spezieller Temperabindemittel mit optisch vertie- 
fenden Leimen (Gummi arabicum, Eiweiß) aber kommt 
die oben besprochene Annäherung an den Olcharakter 
zustande, die gestattet, frisch drauf los zu malen, ohne 
die etwaige Aufhellung beim Trocknen berücksichtigen 
zu müssen. Wird ein so hergestelltes echtes Temperabild 
gefirnißt, so wird die Tiefe nur wenig verstärkt und 
der Grundcharakter nicht mehr sehr verändert. Beim 
Firnissen eines Gouache- oder Leimtemperabildes da- 
gegen findet eine vollständige optische Umwertung 
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