Full text: Taschenbuch der Farben- und Werkstoffkunde

erst zeigen kann, wenn die Farbe ganz ın eın Binde- 
mittel eingebettet ist und dadurch eine sogenannte op- 
tische Brücke entsteht. Darum verändern sich so viele 
Wasserfarben beim Trocknen und werden heller, darum 
konnten wir sagen, daß die wäßrigen Techniken stets 
Decktechniken sind, daß Kreide in Leim eine Deckfarbe 
ist und daß man in Leim nie von Lasurfarben reden 
kann. In Ol und Lack aber kommt der Unterschied 
zwischen Deck- und Lasurfarben zum Ausdruck und 
muß daher berücksichtigt werden, Dadurch entsteht 
nun die der Ol- und Lacktechnik eigene Fülle und 
Tiefe, dem der hellmilchige Charakter der Leimfarben 
gcgenübersteht. 
Der Unterschied zwischen Deck- und Lasurfarben, der 
für die ästhetische Beurteilung der Oltechnik von Be- 
deutung ist, wirkt sich aber auch praktisch in der Licht- 
echtheit aus. Wir haben in der Leimtechnik den ungün- 
stigsten, in der Oltechnik aber den günstigsen Fall für 
die Lichtechtheit der Farben. Je stärker eine Farbe la- 
siert, desto tiefer vermag das Licht einzudringen und 
desto länger muß es wirken, um die Farbe zu zerstören. 
Dafür aber ist die Farbe, wenn einmal zerstórt, durch 
die ganze Schicht zerstört, während die Leimfarben- 
schicht nur auf der Oberfläche zerstört ist. Erst wenn 
ein Olanstrich durch Witterungseinflufi matt wird, àn- 
dert sich dieses Verhältnis, indem dann eine ebenso 
rasche oberflächliche Ausbleichung eintreten kann wie 
beim Leimanstrich. Bei haltbarem Außenlack kommt 
dies aber nicht vor, und er gibt daher die allergünstigste 
Bedingung für die Haltbarkeit im Licht. 
Der Ol- und Lacktechniken sind unendlich viele, und 
auch hier kann man wie bei allen Techniken unter- 
scheiden zwischen den farbfreien und farbhaltigen Ol- 
und Lackbindemitteln. Eine eigentliche farbfreie, reine 
Oltechnik gibt es aber nicht. Wohl streicht man alle 
möglichen Flächen mit Ol, aber nur um sie zu isolieren, 
7. 
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