Full text: Taschenbuch der Farben- und Werkstoffkunde

Erden bzw. Mineralien durch Mahlen, Sieben, zuweilen 
auch Naßschlämmen und manchmal auch Brennen ge- 
wonnen. Weitere Bearbeitungen erleiden sie nicht. Die 
künstlichen Mineralfarben dagegen werden aus natürlich 
vorkommenden Erzen und Mineralien auf komplizier- 
tem Fabrikationsgang hergestellt. Tier- und Pflanzen- 
farbe gewinnt man auf dem Naßweg aus den Rohpro- 
dukten (Schildläusen, Kuhharn, Krappwurzel, Kreuz- 
beeren). Teerfarbstoffe, früher Anilinfarben genannt, 
werden auf weitverzweigtem Fabrikationsgang aus dem 
Rückstand der Gasfabrikation, dem schwarzen Stein- 
kohlenteer, gewonnen, als natürliches Rohmaterial liegt 
ihnen also die Steinkohle zugrunde, ein Mineral, das aus 
der versunkenen Pflanzenwelt der Steinkohlenperiode 
stammt und damit organischen Ursprungs ist. 
Eine Einteilung der Teerfarbstoffe ist nur auf chemischer 
Basis möglich. Wenn man ihre Entstehung aus den verschiede- 
nen Destillaten betrachtet, so kann man einer zwar nicht 
ganz einwandfreien, aber dem Praktiker verständlichen Weise 
unterscheiden zwischen 
1. Anilinfarben, das heißt zumeist aus Anilin gewonnenen 
Farbstoffen, die auch als Farblacke (Körperfarben) meist noch 
ziemlich wasserlöslich und spritlöslich, sehr leuchtend, aber 
schlecht lichtecht sind. Sie schlagen durch und sind nur für 
gewöhnliche Dekorations- und Theatermalerei sowie für die 
Koloriertechnik (farbige Tuschen usw.) zu gebrauchen. Die 
Eosine bilden eine besondere Gruppe von starker Löslichkeit 
und zeichnen sich durch Fluoreszenz der Lösungen aus. Sie 
werden viel zu farbigen Kreiden usw. gebraucht (Anilinrosa 
des Aquarellmalers). 
2. Fanalfarben, das sind basische Anilinfarben von besonderer 
Leuchtkraft, die durch ein besonderes Verfahren wasserunlös- 
lich und sehr gut lichtecht gemacht sind. Dienen vor allem als 
Druekfarben für Tapeten und Dekoration. 
3. Azofarblacke und unlösliche Azofarbstoffe, aus Abkömm- 
lingen des Naphthols gewonnen, meist ganz wasser- und auch 
spritunlöslich, aber vielfach nicht ganz ölecht. In Rot und Gelb 
von reinem Ton, gut bis sehr gut lichtecht. Wichtige Anstrich- 
und Universalfarben, einzelne auch für Kunstmalerei geeignet 
(vgl. Helioechtrot, Hansagelb). 
4. Beizen- und Küpenfarbstoffe, sich meist vom Anthrazen ab- 
leitend, teils unlösliche Farblacke (Alizarine, siehe bei Krapp- 
lack), teils direkt unlöslich (Indanthrenfarben, siehe bei In- 
danfhrenblau). Sehr hohe Lichtechtheit, vielfach auch sehr gut 
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