Full text: Ich baute Autos

    
hielt sofort an, denn diesen Knall hatte ich unter- 
wegs auf meinen vielen Fahrten schon mehr als ein- 
mal vernommen, er war mir nichts Neues, er gehörte zu 
meiner „Branche“. Kaum stand der Wagen, sprang 
Kathe zu meinem höchsten Erstaunen mit einem 
Riesensatz und mit einem fürchterlichen Fluch her- 
unter, rannte zu meiner noch grösseren Verblüffung 
schnurstracks und zielsicher in das nächste Feld hin- 
ein, raste auf einen Bauern zu, der dort friedlich ar- 
beitete, packte den entsetzten Mann am Genick, 
schüttelte ihn wie einen nassen Sack und brüllte: „Du 
Hund, du... an diesem Schuss wirst du noch lange 
zu büssen haben!!!“ Nun sprang auch ich herunter 
und rannte, was die Beine hergeben konnten, auf das 
Feld, denn der arme Bauer war wirklich in: Lebens- 
gefahr. „Es ist doch nur ein Reifen geplatzt!!“ schrie 
ich schon von weitem. „Lassen Sie den Mann ın 
Ruhe! Kein Mensch hat hier geschossen!!!“ Es dauerte 
aber sehr lange, bis ich Kathe davon überzeugen 
konnte, dass der unglückliche Landmann den Reifen 
nicht entzweigeschossen hatte, sondern dass der Pneu- 
matik von selber geplatzt war. „Kommen Sie lieber 
mit und helfen Sie flicken‘“, sagte ich verärgert. Kathe 
war entsetzlich beschämt. Er spazierte zurück und 
überreichte dann dem Bauern ein sehr anständiges 
Schmerzensgeld. 
Dieser für heutige Verhältnisse einfach unverständ- 
liche Vorfall ist nur zu verstehen, wenn man sich er- 
innern kann, welche Abneigung, ja, manchmal welchen 
ausgesprochenen Hass damals die Landbevölkerung 
gegen das Auto hatte. 
Etwas Aehnliches erlebte ich mit Kathe auf einer 
Nachtfahrt zwischen Leipzig und Halle. Uns kam ein 
Pferdewagen entgegen, der natürlich, wie alle Pferde- 
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