Ausschreibung aufs Wort und nach Strich und Faden
auswendig gelernt. Aia Hohen-Tauern-Pass, kurz vor
dem Ziel des Bergrennens in einer Rechtskurve, explo-
dierte Graumüller sowohl der vordere rechte als auch
der hintere linke Reifen, und zwar die vordere rechte
Decke mit solchem Elan, dass ein Stück Schlauch in den
Strassengraben flog. Die letzten paar Kilometer bis
durchs Ziel fuhr Graumüller nur noch auf zwei
guten Reifen. Hinter dem Ziel sagte er zu seinem Un-
parteiischen: ,Bitte um freiwilligen Aufenthalt zum
Reifenwechsel.* Der Herr Oberstleutnant zog seine
Augenbrauen hoch, dachte nach und sagte: ,I bitt
schön, Herr Inscheniär, noch Paragraph siebzähn der
Ausschraibung, Absatz drai, muss der Unparteiische
erst kontrolliern, ob die Reifn vôllig luftläär sind,
da ähär ein Austauschn der Strofpunktn nicht von-
statten gähen darf.“ Sprach’s und setzte sich erwar-
tungsvoll wieder in seinen Sitz. Der Herr Graumüller
baute sich vor ihm auf, riss die Hacken zusammen
und meldete: „Ich bitte sehr, Herr Oberstleutnant,
sobald, bitte zu beachten, sobald ein Stück Schlauch
im Strassengraben sichtbar wird, ist als sicher anzu-
nehmen, gestatten Herr Oberstleutnant, dass der
fragliche Reifen als vollkommen luftleer anzusehen
ist, ich bitte sehr darum, dass Herr Oberstleutnant
sich davon überzeugen.“
Und also geschah’s, und der Herr Graumüller be-
kam seine Genehmigung zum freiwilligen Aufenthalt.
Hundert Kilometer weiter brüllte plötzlich der
Herr Oberstleutnant hinter Graumüller: „Haltens
an! Meine Kappen ist weggflogn!“ (Jeder freiwillige
Aufenthalt muss fünf Minuten vorher dem Unpar-
teiischen bei laufendem Motor gemeldet werden.) Also
dreht sich Graumüller, noch heftig von der Reifen-
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