So hätte ich mich eigentlich vollkommen glücklich
fühlen können. Aber als ich etwa vierzehn Tage dort
war, überrumpelte mich ein solcher Sturm von
fassungslosem Heimweh, dass ich nicht mehr ein und
aus wusste, mir liefen einfach, ob ich wollte oder
nicht, die Tränen immerzu in ganzen Bächen über
die Backen. Ich habe mir verzweifelte Mühe gegeben,
es nicht zu zeigen, und nach ein paar Tagen bin ich
dann auch darüber hinweggekommen. Aber es ist eine
bittere Sache um das Heimweh.
In meiner freien Zeit bin ich, wenn ich nicht zu
erschöpft war, viel in der unbeschreiblich schönen
Umgebung von Heidelberg herumgelaufen, denn es
war notwendig, sich manchmal zu erholen. Die Arbeit
war schwer. Sie begann um sechs Uhr morgens und
war abends um sieben Uhr vorbei. Ich habe mich dann
meistens nur mit vieler Mühe die Treppe hinauf in
meine Kammer schleppen können, bin dort noch
mitten im Ausziehen eingeschlafen und, schon tief
schlafend, ins Bett gefallen.
Im August habe ich dann die Arbeit in Heidelberg
aufgesagt und bin wieder auf die Wanderschaft ge-
gangen über Bruchsal, Pforzheim, Stuttgart, Ulm
und Augsburg nach München. Es ging mir nicht be-
sonders prächtig unterwegs, weil ich mir in Heidel-
berg nicht viel Reisegeld habe sparen können. Der
Lohn war ärmlich gewesen, ich habe 4 Mark in der
Woche bekommen und das Essen. Deshalb ist es mir
gleich hinter Heidelberg schon mit dem Geld knapp
geworden, und ich musste mit „Fechten“ anfangen.
Zuerst ist es mir bitter schwer geworden, weil ich
darin gar keine Gewandtheit und keine Uebung be-
sass, aber ich bin dann bei „alten Kunden“ in die
Lehre gegangen und habe auch dieses edle Handwerk
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M i ael