und er zeigte mir alle Sehenswürdigkeiten Wiens. Ich
bekam von dieser wundervollen und anmutigen Stadt
einen ganz gewaltigen Eindruck. Maul und Nase aber
sperrte ich auf, als mich mein Landsmann durch die
K.K. Hof- und Staatsdruckerei führte. Ich sah zum
erstenmal in meinem Leben, wie Zeitschriften und
Bücher gedruckt werden, und dann durfte ich sogar
zusehen, wie Papiergeld gemacht wurde. Ich bin ganz
still geworden vor lauter Respekt vor meinem Lands-
mann, der hier in jede Abteilung einfach hineingehen
durfte. Uebrigens muss ich noch erzählen, dass dieser
Friedrich Strass ein sehr heftiger Antisemit war und
ein Buch gegen die Juden geschrieben hatte, und aus
Ironie hatte er es so geschrieben, dass man es von
hinten nach vorne lesen musste nach hebräischer
Manier.
Bald aber war ich wieder auf der Landstrasse auf
dem Weg nach Auspitz, und dort habe ich meinen
Freund aus München wohlbehalten angetroffen, auch
sein Vater war wieder gesund. Ich bekam sofort Ar-
beit und blieb den ganzen Winter in Auspitz, gewohnt
habe ich während der ganzen Zeit bei meinem
Freunde. Seine Mutter war aus Mainz und sein Vater
aus Karlsruhe, und diese guten Menschen nahmen
mich auf, als sei ich der Bruder ihres Sohnes.
Trotzdem schnürte ich, als das Frühjahr 1885 kam,
schweren Herzens mein Schurzfell. Ich hatte mir
nämlich schon lange in den Kopf gesetzt, in den
Orient zu wandern. Um meines Freundes willen wäre
ich gern in Auspitz geblieben, aber ich gab dieser Ge-
fühlsregung nicht nach. Ich wollte in den Orient.
In meiner Kinderzeit ist nämlich in Winningen ein
älterer Mann gewesen, der wurde der Türke genannt,
weil er in seiner Jugend als Gerber in die Fremde
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