Die Bibliotheken der Schulen, die bis zur Mitte des vorigen Jahrhun-
derts begründet wurden, waren Studienbibliotheken mit beschränkten
Zielen. In dem Maße aber, wie sich diese Unterrichtsanstalten, dem Auf-
stiege der Technik folgend, zu Lehr- und Pflegestätten der Wissenschaften
entwickelten ?!), mußten ihre Bibliotheken eine wachsende Zahl von
Wissenschaftsfächern pflegen, um die literarischen Bedürfnisse der An-
gehörigen der Schule befriedigen zu können. Dazu kam, daß seit der Mitte
des vorigen Jahrhunderts zahlreiche theoretische, auf die wissenschaftliche
Erkenntnis der Technik gerichtete Schriften erschienen. Beide Umstände
haben dazu geführt, daß sich die Bibliotheken der Technischen Hoch-
schulen zu wissenschaftlichen Bibliotheken mehr allgemeinen Charakters
umbildeten.
2. Gleichstellung mit den Universitütsbibliotheken
Die neueste Geschichte der Bibliotheken der reichsdeutschen Techni-
schen Hochschulen?) wird gekennzeichnet durch ihr Streben nach Gleich-
stellung mit den Universititsbibliotheken 3), eine Folge der von den
Technischen Hochschulen nach langen Kämpfen erreichten Anerkennung
ihrer Ebenbürtigkeit mit den Universitäten. Sie zeigt sich in einer großen
Zahl die Bibliotheken fördernder Maßnahmen *). Als in Bayern 1905
die Zulassung zum höheren Bibliotheksdienst neu geordnet und 1911 die
Erhebung von Bibliotheksgebühren eingeführt wurde, machte man keinen
Unterschied zwischen den Universitätsbibliotheken und der Bibliothek
der Technischen Hochschule in München?). Baden regelte die obere
Verwaltung seiner drei Hochschulbibliotheken (der Universitätsbiblio-
theken Heidelberg und Freiburg und der Bibliothek der Technischen
Hochschule Karlsruhe) in völlig gleicher Weise5). Eine Dibliotheks-
gebühr wird seit dem Sommersemester 1914 von jedem Studierenden
und Hörer der badischen Hochschulen erhoben*). Als Dayern?) und
Württemberg?) im Jahre 1911 Verordnungen über die Abgabe und
1) Egon Zôller, Die Universitäten u. Techn. Hochschulen. Berlin 1891r. S. 45 ff.
2) Die neuere Entwicklung der Bibliotheken der Technischen Hochschulen Öster-
reichs weist das gleiche Streben auf, dem die Regierung dadurch Rechnung trug, daß sie
die für die Universitätsbibliotheken getroffenen Bestimmungen über die Entlehnung der
Bücher nach dem Auslande und die Anordnungen über die Behandlung der Dubletten auf
die Bibliotheken der Technischen Hochschulen ausdehnte. Vgl. W. Jähnl, Vorschriften für
die Techn” Hochschulen Österreichs. Wien 1916. S. 386—399.
3) Friedrich List, Von der hessischen. Hochschulbibliothek und der Stellung
der deutschen Hochschulbibliotheken überhaupt. In: Archiv f. Bibliographie, Buch- und
Bibliothekswesen. 1 (1926) S. 151—157.
4) Über die Anstellung wissenschaftlicher Biblothekare vgl. unter IILr.
5 Ministerialbl. f. Kirchen- und Schulangelegenheiten im Konigr. Bayern. 1905.
S. 159—167 — Zentralbl. f. Bibliotheksw. 22 (1905) S. 318—323.
8) Jahrbuch der dt. Bibliotheken. ro (1912) S. 166—169.
7, Zentralbl. f. Bibhotheksw. 31: (1914) S. 35.
3) Gesetz- u. Verordnungsbl. f. d. Konigr. Bayern. ı911. Nr. 5 S. 21—23 ==
Zentralbl. f. Bibliotheksw. 28 (1911) S. 125—127.
9) Zentralbl. f. Bibliotheksw. 29 (19:2) S. 108 f.
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