gegründeten Brüsseler Internationalen Institut für Bibliographie weiter
ausgestaltet wurde !), sind gewisse praktische Vorteile nicht abzusprechen.
In den amerikanischen Volksbibliotheken hat das System grofe Verbrei-
tung gefunden, und der unermüdlichen Werbetáütigkeit des Internationalen
Instituts ist es gelungen, ihm auch in England und anderen Ländern,
namentlich in naturwissenschaftlichen und technischen Kreisen, zahl-
reiche begeisterte Anhänger zu verschaffen. Als Zusatz zu Büchern und
Zeitschriftenaufsätzen, zu Bibliographien und Titeldrucken können die
Dezimalnummern der internationalen geistigen Zusammenarbeit wertvolle
Dienste leisten. Dem System haften aber grundsätzliche, nicht zu be-
seitigende Mängel an?). Seine nationale Einseitigkeit, sein Mangel
an Logik, seine enge Gebundenheit und die Umständlichkeit der
Zahlensignaturen haben die führenden wissenschaftlichen Bibliotheken,
nicht nur der Vereinigten Staaten ?), sondern der ganzen Welt davon ab-
gehalten, ihre systematischen Kataloge nach diesem Schema zu ordnen.
Auch an den Bibliotheken der deutschen Technischen Hochschulen dürfte
es dem Zehnersystem trotz der besonders sorgfältigen Unterteilung der
Klasse 6 „Angewandte Wissenschaften“ wohl nicht gelingen, eine auf
selbständiger Denkarbeit beruhende, dem jeweiligen Stande der Wissen-
schaften und den Beständen der einzelnen Bibliothek angepaßte Systematik
zu verdrängen. Die einzige Hochschulbibliothek, die einen praktischen
Versuch mit dem System gemacht hat, ist die Bibliothek der Technischen
Hochschule Aachen. Dem im vorigen Jahre begonnenen Sachkataloge der
seit 1921 erworbenen Bücher legte sie die Dezimalklassifikation in der
Brüsseler Fassung zugrunde. Dabei empfand sie es als einen großen
Nachteil, daß ihr keine deutsche Übersetzung der Dezimaltafeln zur
Verfügung stand 4).
1) Classification bibliographique décimale. Tables générales refondues. Ed. franc.
Fase. 1—35 & 2a. Bruxelles 189go—1905. (Institut Internat. de Bibliogr. Publication
No. 25. Seit langem vergriffen.) Zur Zeit erscheint: Classification décimale universelle.
Ed. complète mise à jour. Bruxelles 1927—28. (Institut Internat. de Bibliogr. Publication
No. 151.) Einen Auszug dazu bildet: La classification décimale. Exposé du système et
tables abrégées. 1927. (Institut Internat. de Bibliogr. Publication No. 152.)
?) O. Plate, Einige Bedenken gegen die Einführung des Dewey-Systems.. Zentralbl.
f. Bibhotheksw. 37 (1920) S. 156—129; Georg Schneider, Handbuch: d. Biblio-
graphie. . Leipzig 1923. S. 144—154; Willy B. Niemann, Das Dewey-System
(Dezimal-Klassifikation? und seine Verwendbarkeit für Bibliotheken und Literatur-Karteien.
Charlottenburg 1927. (Wege zu techn. Büchern. 2.)
?) Herr J. C: M. Hanson, der Direktor der University Libraries von Chicago,
schreibt mir unter dem 3r. Oktober 1927, soweit er sich erinnere, habe seit 1892 keine
wissenschaftliche Bibliothek von Rang Deweys System angenommen. „Als Beispiele", fügt
er hinzu, „kann ich die folgenden Neuorganisierungen des Real-Katalogs oder Klassi-
fikationssystems nennen: University of Wisconsin, 1893; Harvard, 1894; New York
Public Library (Dr. Billings) 1896; Library of Congress, 1897; Yale, 1904; später Johns
Hopkins University und die Universititen von Chicago, California, Michigan, Cornell,
Princeton, Southern California, Iowa State, University of the City of New York, Brown
University und viele andere. (Cf. Reports of Librarian of Congress.)
4) Inzwischen erschien eine neue deutsche Ausgabe: der Dezimalklassifikation mit
alphabetischem Schlagwort-Verzeichnis 2. verm. Aufl. Bern 1927 in: Katalog der
Schweizerischen Landesbibliothek. Systematisches Verzeichnis der schweizerischen oder die
Schweiz betr. Veroffentlichungen. 1gor—ig20. Bd. 1. S. I—XLVIII. Auch als Sonderabdr.
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