Meine Damen und Herren!
Es war ein schöner Gedanke von Exzellenz von Harnack, durch Vor-
träge allgemeines Verständnis für das Wesen und den Wert der einzelnen
Abteilungen erschließen zu lassen, um dadurch eine größere innere Ver-
bundenheit der Beamten mit dem Institut zu erzielen, die ohne Kennt-
nis und Wertschätzung des zu verwaltenden Gutes schwer denkbar ist.
Lassen Sie mich diesen Plan wieder aufnehmen und heute über die
Musikabteilung reden, die eins der wertvollsten Glieder unserer Biblio-
thek, wenn nicht gar das wertvollste, darstellt. Es ist schon mancherlei
von meinem Amtsvorgänger über diese Sammlung gesagt und geschrieben
worden. Aber doch lassen sich für eine Betrachtung vielleicht noch
einige neue Gesichtspunkte herausstellen. Die Musikabteilung ist ein
relativ junges Institut; etwa 87 Jahre sind seit der ersten Anstellung
eines Kustos im Jahre 1842 vergangen. Ihre Gründung steht im engsten
Zusammenhange mit den Zelterschen Bestrebungen zur Errichtung
einer höheren musikalischen Bildungsanstalt, eines akademischen Insti-
tuts für Kirchenmusik, die 1819 glückte. Die Musikabteilung sollte die
literarischen Bildungsmöglichkeiten schaffen, da der für das Institut von
Zelter angekaufte Teil der Forkel-Bibliothek nicht ausreichte. Von
nicht unwesentlicher Bedeutung für den Plan war die Denkschrift be-
treffs Gründung eines „Archivs der musikalischen Kunst‘, mit der der
Rigenser Privatgelehrte Georg Pölchau am 25. Januar 1823 auf An-
suchen des Oberbibliothekars der K. B. Hofrat Wilken hervortrat. Er
weist darauf hin, daß die Tonkunst auch ihre Rafael, Dürer, Canova
und Thorwaldsen habe, daß die Autographe großer Meister ein un-
schätzbares Nationalerbgut darstellen, und daß kein Zweig der Literatur
seltener vollständig anzutreffen sei als die Musik. Er erinnert an das
Schicksal berühmter Fachbibliotheken wie die von Schulpforta, die um
1800 als Makulatur an Trödler verkauft wurde, erinnert an die Ver-
gänglichkeit musikalischer Privatbibliotheken wie die eines Brossard,
eines Forkel, und läßt den Gedanken durchblicken, daß es Pflicht des
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