50 B. Bretholz: Lateinische Palàographie.
der Dichtungen des Persius [I. b. 13], Lucan [I. a. 4, 16] und Juvenal (I. b. 13] zeigen den nàm-
lichen Schriftcharakter. Aber auch für die Poeten der ülteren Perioden wurde, wenn man sie in dieser
Zeit kopierte, Kapitale angewandt, wofür der ambrosianische Palimpsest des Plautus [I. b. 4] oder
der vatikanische 'Terenz [I. b. 11] Belege bieten. Dieser Übung entsprach es dann durchaus, daß
auch die Codices der christlichen Dichter des 4. und 5. Jahrhunderts, Prudentius [1. b. 9] und Sedulius
[I. b. 22], noch im gleichen Gewande erscheinen. Demgegenüber beschrünkt sich ihre Anwendung
bei den rómischen Prosaikern auf einige Reden Ciceros [I. b. 5, 19, 20, 21] und einige Fragmente
von Sallust [I. b. 18], Livius [I. b. 15] und Gellius [I. b. 16], auch noch Euklid [I. b. 23] und einige
unbekannte Fragmente [I. b. 2, 6—8], bei deren Überlieferung bereits eine andere Schriftart überwiegt.
Diese Handschriften, Fragmente und Palimpseste werden von der neueren paláographischen
Forschung in die Zeit vom 3. oder 4. bis zum 7. Jahrhundert verlegt. Aber noch vor wenigen Jahr-
zehnten war man bezüglich der Abschätzung des Alters dieser Denkmäler vollkommen auf Mut-
maßungen angewiesen, wie denn beispielsweise die Zeitbestimmung des Codex Romanus des Vergil
zwischen dem 2. und 13. Jahrhundert schwankte, die Berliner Vergilblätter sogar der augusteischen
Zeit zugeschrieben wurden. Es war das große Verdienst ZANGEMEISTERS und WATTENBACHS, daß
sie in ihren , Exempla codicum" einerseits durch vorzügliche Reproduktionen der wichtigsten Hand-
schriften eine Vergleichung der Schrift ermóglichten, anderseits durch genaue Untersuchung der |
Handschriften und. ihrer Geschichte zu bestimmteren Zeitansützen gelangten. Großes Gewicht
wurde dabei einmal auf die mindere oder bessere Latinitàt gelegt, sodann auf áulere Merkmale,
wie die Subskriptionen, Vermerke, in denen sich oft aufer dem Namen des mit j,legi, emendavi,
recognovi, distinxi, contuli" u. ähnl. subskribierenden Korrektors auch Zeit-, Ort- und andere
Angaben vorfinden. Die Subskription im Cod. Mediceus des Vergil würde für die Entstehung der
Handschrift vor 494, die im Prudentiuskodex für den terminus ad quem 526 sprechen; nur ist man
leider oft nicht sicher, ob diese Subskriptionen nicht aus der Vorlage abgeschrieben sind, in welchem
Falle sie für die Zeitbestimmung wenig Bedeutung hätten.!) Man hat auch aus der Silbenbrechung,
ob sie nach griechischer oder rómischer Art vorgenommen ist, Rückschlüsse auf die Zeit zu ziehen
versucht, allein es hat sich gezeigt, daß die erstere in lateinischen Handschriften überhaupt nur ganz
ausnahmsweise vorkommt.
Gegenüber diesen und anderen auBerpaléographischen Argumenten, die bei
Zeitbestimmungen von Majuskelhandschriften zweifellos stets Berücksichtigung finden
müssen, hat die neueste Forschung in dieser Frage doch wieder der Paláographie die |
erste Stimme zurückzugewinnen versucht. Die systematische Untersuchung des
lateinischen Kürzungswesens, wie sie L. TRAUuBE in Angriff genommen hat, kann
positive Anhaltspunkte, für die Entstehungszeit der Handschriften bieten. Im Cod. |
Romanus des Vergil beispielsweise findet sich je einmal im Text die Kürzung D$.
und DO für deus und deo, die aber ebenso wie DN S für dominus im 3.—95. Jahrhundert
ganz konsequent blof im ursprünglichen Sinne für den Christengott angewandt wird,
wührend für profane Zwecke das Wort meist ausgeschrieben wird oder die Suspension
D. N. (dominus noster) in Anwendung kommt. Somit kann diese Handschrift nicht |
alter sein als saec. VI., denn erst in diesem Jahrhundert beginnt der allgemeine Gebrauch
dieser Kürzungsweise.) | Wichtig für die Zeitbestimmung vom paläographischen
Gesichtspunkt ist ferner die Qualität des Pergaments, der Mangel oder das Vorkommen
von Initialen und der Schriftcharakter.
Ein anderes dem antiken Buchwesen entnommenes Argument wirft DzIATZKO für die Zeit-
bestimmung der Majuskelhandschriften in die Wagschale.?) Aus dem verschiedenen Grundcharakter
von Rolle und Kodex schließt er, daß erst bei der letzteren Form Seitenüberschriften sich ein-
bürgerten, als notwendiger Behelf zur Übersicht des Inhaltes, der bei der Kolumnenanordnung der
Rolle noch überflüssig war. Die zeitliche Grenze zwischen Fehlen und Aufkommen dieser Eigentüm-
lichkeit sucht er an der Wende des 4. und 5. Jahrhunderts. ,,Im ganzen bürgerte sich die Sitte der |
Seitenüberschriften für den Kodex des Altertums im Verlauf des 5. Jahrhunderts ein.“ Von diesem
Gesichtspunkt aus betrachtet, seien als die ältesten Majuskelhandschriften diejenigen anzusehen,
in denen sich noch keine Seitenüberschriften finden, obwohl man sie nach Inhalt und Form der
1) Über Subskriptionen vgl das S. 27, Anm. 4 und S. 40 zitierte Werk von R. BEER.
2) Nach L. TRAUBE, Das Alter des Cod. Rom. des Vergil, in ,Strena Helbigiana", Leipz.
1900, S. 307. Interessant ist und bezeichnend, auf welche Details der Palüograph zu achten hat,
daB, wie TRAusE gleichfalls hervorhebt, die Handschrift die Krankheit des sogenannten ,ein-
fachen FraBes” zeigt, die nach Beobachtungen P. EmRLES (vgl. ZBBW XVI, 1899) haupt-
sächlich Handschriften des 6. Jahrhunderts befallen hat. — Von dieser Vergilhs. sagte W. WATTEN-
BACH (NA VIII (1883) 345, Anm. 1: „So möchte ich jetzt den Vatic. 3887 des Vergil doch für
mittelalterliche Imitation halten.“
3) Untersuchungen über ausgewählte Kapitel des antiken Buchwesens S. 178ff.
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