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59 B. Bretholz: Lateinische Palàographie. | ;
E Zweit
Wahrnehmung, als wir schon in der Kapitalkursive des 1. Jahrhunderts in den |
ältesten erhaltenen Beispielen, wie in dem Gedicht auf die Schlacht von Actium und in | ;
Nr. 1—3 bei WzssELY, Worttrennung durch Punkte konstatieren. Es ist ein sehr an- | sich
sprechender Gedanke WaArTrENBACHS, daB man absichtlich die Punkte fortgelassen hat, | unge
um den ,schónen Eindruck vollkommener GleichmäBigkeit“, den man mit diesem | gie t
Kunstprodukt der Kalligraphie erstrebte, nicht zu stôren.!) Das Hauptgewicht liegt | een
| noch auf dem einzelnen, schön geformten Buchstaben; das Wortbild steht in | ako
zweiter Linie. DaB man sich dann aber eines solchen Gebrauches nur langsam ent- | Afri
wöhnte, ist durchaus verständlich. Unter dem gleichen Gesichtspunkt, der Wahrung | de
auBerlicher Gleichformigkeit, ist wohl auch die sehr bescheidene Anwendung von | T
Kürzungen zu betrachten, deren in den älteren Handschriften regelmäßig nur Q- für C T
que, B- für -bus, ein wagerechtes Strichelchen mit und ohne Punkt — — meist neben Gu
den Buchstaben gestellt für Schluf-m erscheinen, wührend erst in den jüngeren geist- se
lichen Handschriften des 6. und 7. Jahrhunderts DS, DO, XPS, IHS vorkommen.
Die Verwendung dieser schónen und stattlichen, aber mühsamen und zeitraubenden E
Schrift für ganze Handschriften ohne jede Mischung mit anderen Schriftarten an J
hat wohl das 7. Jahrhundert kaum überdauert, allein der aushilfsweise Gebrauch von ; a
Kapitalbuchstaben für gróBere und kleinere Abschnitte in verschiedenen Schriftwerken, Mar
besonders in Prachthandschriften und kirchlichen Büchern, hat nie aufgehórt, erlangt | E
sogar in karolingischer und nachkarolingischer Zeit eine allgemeinere Bedeutung und eine |
* ist uns bis zum heutigen Tage geblieben. Abs
1äßt.
8 2. Die Unziale. Kein
Den Ausdruck ,litterae unciales" wendet schon der h. Hieronymus an,?) aber sehen
nur in dem allgemeinen Sinn von Majuskelbuchstaben überhaupt, in dem er sich auch | dde
noch bis in das 18. Jahrhundert erhalten hat.) Die paläographische Wissenschaft | das A
bezeichnet damit eine besondere Art der Majuskelschrift, eine Schwesterschrift der werte
Kapitale. Sie hat mit ihr gemeinsam das Linienschema, derart, daB die Buchstaben | SE
in der Regel den Raum zwischen zwei Parallelen ausfüllen und daher von fast gleicher | wesen
Hóhe sind; sie unterscheidet sich von ihr wesentlich durch die Rundung der in der | brane
Kapitale gerade gezogenen Scháfte. Dieser Prozeß tritt am deutlichsten hervor bei |
den Buchstaben: A D EH M Q, die im Unzialalphabet die charakteristischen Formen | m
I ich .
Ad h m q ^ annehmen. Diese Entwicklung der Schrift erklärt sich aus | In di
dem bei Schaffung literarischer Denkmäler entstandenen Bedürfnisse schnelleren |
Schreibens, als es die geraden mühsamen Buchstaben der Kapitale zulieBen.5) Doch | es
ist der runde Strich an Stelle des geraden zugleich eine neue Kunstform, die der Unziale | iin
eine selbständige Bedeutung neben der Kapitale sichert. | Kapit
| Unzia
1) Vgl. W. WATTENBACH, Über die Hamiltonsche Evangelienhandschrift (in Unziale), S B. | S o s
Berl. Ak., Jhg. 1889, S. 145. — | LS
2) S. MABILLON, De re dipl. (1681) S. 47 und WATTENBACH, Schriftwesen, S. 132. — Vgl. | Wiede
aber dazu: S. BERGER in Mémoires présentés à l’Acad. des inscriptions, Ser. I, vol. XI, 2, p. 19, der 3
die Lesart ,initiales“ und ALLEN in Class. Review XVII (1903) 387 der ,uncinales" vermutet; | lettros
gegen letztere MADAN ebda XVIII (1904), 48. | Hay
3) Vgl. PAOLI-LOHMEYER S. 7, Anm. 1. | grop
4) Entnommen dem Faksimile der Wiener Liviushandschrift bei ZANG.-WATT. T. 18. | eum 1
5) M. Taxar in der zit. Anzeige (S. 662) sagt mit Recht: , Das Kompromib zwischen Rasch- | BACH
heit einerseits und Deutlichkeit und Schônheit der Schrift anderseits führt in Diocletianischer Zeit | in 7
zur Schaffung der Unziale.“ — ZANGEMEISTER (Enarr. zu T. 17) nahm als Grenzjahre für die Ent- | :
stehungszeit der Unziale 167—374 an.