Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

    
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
  
    
Wahlrecht 
deten legten dieser Tagung allerdings die Bedeutung einer wirklichen ,, Kónigsmache" 
bei. Die Forderung der päpstlichen Approbation war sehon vor der Forchheimer 
Wahl von Gregor erhoben worden.!) Das Kónigtum Heinrichs V. war auf das Erbrecht 
gegründet, aber es war gleichzeitig gesichert worden durch die Bestätigung des Papstes; 
hierin lag eine Konzession an eine neue Idee, die bei der Begründung des König- 
tums sich Geltung verschaffen wollte. Die Prüfung der Würdigkeit des Thronkandi- 
daten und die Zustimmung des Papstes zur Wahl konnte andererseits, wenn das Erb- 
recht als Regulativ der Wahl fortfiel, einen Ersatz bilden, indem es nunmehr der un- 
eingeschränkten Wahl eine andere Grenze zog. Und das Erbrecht unterlag in der Tat bei 
der nächsten Thronerledigung dem freien Wahlrecht. Friedrich v. Staufen, der Sohn der 
Schwester Heinrichs V., wäre nach Herkommen und Recht (Erbrecht) der befugte Nach- 
folger gewesen; aber die Frage des Erzbischofs von Mainz an die beiden anderen Kan- 
| didaten Lothar und Leopold, ob jeder von ihnen dem zu Wählenden ohne Widerspruch 
Gehorsam leisten wollte, und die Zuspitzung dieser Frage bei Friedrich, ob er durch 
Beitritt zu der Antwort dieser beiden „zur dauernden Sicherung der Wahlfreiheit" bei- 
tragen wolle, zeigt die bewußte Absicht der Fürsten, vom Erbrecht abzugehen. Was 
a (NEE N 
| 1077 Aufruhr war, das ist 1125 rechtsgültig und ordnungsgemäß durchgeführt wor- 
! den?); die päpstliche Bestätigung wurde erbeten und erteilt. 
: : Nach diesem Sieg der Wahlfreiheit kehrte nach dem Tode Lothars das Wahl- 
recht wieder zu einem Erbkandidaten der vorigen Dynastie zurück. Friedrich v.Staufen 
verziehtete, und nunmehr war sein Bruder Konrad, als Neffe Heinrichs V., der un- 
| anfechtbare Vertreter des erbberechtigten Geschlechtes. Mit Hilfe der Kirche kam 
eine etwas eilige Wahl zustande; die nicht dabei vertretenen Fürsten mußten nach- 
trüglich, wie bei Heinrich II., zur Zustimmung gewonnen werden. Konrad trat sogleich 
in die Bahnen der früheren Erbdynastien ein und lief seinen zehnjührigen Sohn Hein- 
rich neben sich 1147 wühlen und kiónen. Aber Heinrich starb vor dem Vater, und 
als 1152 Konrad III. ins Grab sank, da war das Reich nicht bestellt, der zweite 
, Sohn erst sieben Jahre alt. Da trat der Bruderssohn Konrads, Friedrich, der Sohn 
| jenes Friedrieh, der 1125 in Frage gekommen war, mit der Aussage auf, daB Konrad 
ihn designiert habe. Die Moglichkeit ist nieht abzuweisen, daB Konrad seinem Bruder 
, Friedrich für dessen einstigen Rücktritt verpílichtet war.?) Friedrich I. selbst lief, 
als er in zweiter Ehe Söhne bekam“), sogleich 1169 den vierjührigen Sohn Heinrich 
zum Könige wählen und krönen. Dieser Heinrich VI. ist es dann, der die Erbmonarchie 
| gesetzlich durch Reichstagsbeschluf festzulegen suchte; ohne Wahl sollte nach dem 
| Tode eines Könige sofortige Erbfolge des nüchstherechtigten Erben eintreten. Hein- 
1) ENGELMANN, Anspruch der Päpste auf Konfirmation und Approbation bei den deutschen 
Königswahlen (1077—1379). 1886. 
2) Über diese Wahl besitzen wir den Bericht eines Augenzeugen, die Narratio de electione 
Lotharii (MG. SS. XII) Vgl auch BERNHARDI, Lothar von Sachsen (in den Jahrbüchern). 1879; 
SCHNEIDERREIT, Die Wahl Lothars III. Halle. Diss. 1892; H. Karærvss, Staufische Kaiserwahlen 
u. ihre Vorgeschichte. MIOG. 34. 
3) Es ist natürlich auch möglich, daß man Friedrich nur hinterher diesen Ausspruch in den 
Mund gelegt hat. Über Friedrichs I. Wahl vgl. HASsE, Erhebung König Friedrichs I. (in Histor. 
Untersuchungen, Arnold Schaefer gewidmet), 1882; SIMONSFELD, Wahl Friedrichs I., in SB. der Mün- 
chener Ak., 1894; R. HOLTZMANN, Wahl Friedrichs I. zum deutschen König, in HVSchr. 1. Ebd. 2 
nochmals SrwoNsFELD, S. 368f. 
4) Vorher, ehe er einen Erben hatte, stand auch er mehr unter dem Banne des nunmehr schon 
wiederholt zur Geltung gekommenen Wahlrechtes; denn er hatte 1160 vor Mailand den Fürsten 
empfohlen, wenn er fallen würde, seinen Vetter Friedrich, Konrads III. Sohn, zu wühlen und nach 
diesem eventuell seinen welfischen Vetter Heinrich (den Lówen). Der berechtigte Erbe wäre aber 
Friedrichs I. Halbbruder Konrad, Sohn seines Vaters aus dessen zweiter Ehe, gewesen. Jedenfalls 
ist. die eventuelle Aufstellung Heinrichs ein Abweichen vom Erbrecht zugunsten freierer Wahl. 
Die freie Wahl 1125, das Abgehen vom älteren Bruder auf den jüngeren 1138, und schließlich die 
Rückkehr zur älteren Linie 1152 hatten zu dieser Erstarkung des Wahlprinzips geführt. 
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