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Kónigswahl 97
Der Wahlort wurde bestimmend beeinfluBt dureh den Mainzer Erzbischof. Es
lag in seinem Interesse, daß die Wahl in seinem Machtbereich vor sich ging.!) So kam
es, daß es geradezu Grundsatz wurde, daß die Wahl auf fränkischer Erde erfolgen
müsse. Nicht etwa eine einzige bestimmte Stadt war Wahlort, wie etwa in einer
spáteren Periode Frankfurt a. M., aber beinahe alle Wahlstátten dieser Zeit waren
fränkische Orte: Forchheim für Konrad I., Fritzlar für Heinrich I., wenn auch beide
durch zufällige Umstände, Aachen für Otto I., Worms für Otto II., Mainz oder Um-
gegend vielleicht für Heinrich II., Kamba für Konrad II., Aachen für Heinrich III.,
Tribur fiir Heinrich IV., Mainz für Heinrich V., ebenso für Lothar, Koblenz für Kon-
rad IIL, Frankfurt für Friedrich L, Bamberg für Heinrich VL, Kóln für Otto IV.
Nur Otto III. war in ganz ungewöhnlicher Weise in Verona gewählt worden, und
gegen Philipps von Schwaben Wahl in Mülhausen war gerade als besonders erheblich
ins Feld geführt worden, daß sie nicht auf fränkischer, sondern sächsischer Erde er-
folgt war. Für die beiden Wahlen Friedrichs II. war Frankfurt a. M. der Wahlort,
während allerdings der letzte staufische König Konrad in der Notlage Friedrichs IL.
in Wien gewählt wurde.
Die Einberufung zur Wahl stand jedenfalls später dem Erzbischof von Mainz
zu; im 19. Jh. wird dies schon als sein ,,altes'* Recht bezeichnet.) Im 13. Jh. taucht
ein Mitberufungsrecht des Pfalzgrafen auf. In der Rechtsdarlegung der Bulle ,, Qui
coelum‘‘ bezüglieh der Wahl des Richard von Cornwallis ist dem Pfalzgrafen dieses
Recht zugeschrieben?), wahrscheinlich, weil er an Stelle des in Gefangenschaft befind-
lichen Mainzer Erzbischofs die Wahl tatsächlich ausgeschrieben hatte. Dann hätte man
durch die Rechtsdarlegung diesen von der Norm abweichenden Vorgang nachträglich
unanfechtbar machen wollen. In der Folgezeit ist dann dieser Anspruch des Pfalzgrafen
in die Rechtsbiicher?) iibergegangen. Schon 1291 siegt aber das alte Mainzer Vorrecht
und in der Goldenen Bulle ist von einem ähnlichen Rechte des Pfalzgrafen nicht mehr
die Rede.
Berechtigt zur Wahl war in der Theorie noch immer wie im altgermanischen
Volksstaat das ganze Volk. Aber das Volk kam nur noch zur Äußerung in einem
äußerlichen und nebensächlichen Akte; es begrüßte den Gewählten mit Jubel
(,, Vollwort'). In diesem Beifallsrufen ist der letzte Ausläufer der selbständigen Teil-
nahme des Volkes an der Wehl zu erkennen.
Im übrigen wareu als WáAler an die Stelle des Volkes getreten die Fürsten, prin-
eipes in dem weiteren Sinne des Wortes, wie ihn das frühere Mittelalter kannte, bis
zu den Grafen einschließlich. Anfänglich waren nur weltliche °), später geistliche und
weltliche pıineipes die Wähler des Königs. Wieviel ihrer bei der Wahl zugegen sein
mußten, darüber existierte keine Bestimmung. Man unterschied mehrere Stadien
1) Denn dann wurde er auf Grund des Ortsprinzips Leiter der Wahl und Hauptwähler. M.
BucENER, Erzümter, S. 152 ff.
2) Vgl. Rahewins Forts. der Gesta Friderici ed. Warrz. S: 150.
3) Ad archiepiscopum Moguntinum et comitem palatinum Rheni vel ipsorum alterum altero
nequente vel forsitan non volente pertinet ad electionem ipsam celebrandam diem prefigere ae ceteros
principes convocare.
4) Vgl d. Sehwabenspiegel Lendrecht c. 130 (ZEUMER, Quellensammlung S. 98).
5) GewissermaBen eine Zwischenstufe bildeten die Kónigswahlen 919 und 936, die noch
rein weltlich waren, aber bei der Krónungsfeier vor dem Erzbischof von Mainz als dem Kon-
sekrator wiederholt wurden. VU. SrUTZ sieht darin einen rituellen Feststellungsakt, der Erzbischof
wollte sich überzeugen, ob der zu Krónende der richtig Gewählte sei, während H. SCHREUER
eher in dieser Wiederholung eine Bestätigung der Fürstenwahl durch eine Volkswahl erblicken
möchte. Vgl. U. Sruvz, Der Erzbischof von Mainz und die deutsche Känigswahl. Weimar 1910.
Dergelbe, Die rheinischen Erzbischôfe und die deutsche K¢nigswahl, in der Festschrift f. Heinrich
Brunner zum 70. Geburtstag S.57ff. Derselbe in der ZSavRg. 31,1910, S. 444 fi. Hans SCHREUER,
Wahlelemente in der franz. Konigskrénung, in der gen. Festschrift für H. Brunner 8. 64911.