Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

     
100 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
meist schon bei den Karolingern angewandt waren, notwendig zum Regierungsantritt 
hinzu. In den Thronstreitigkeiten Philipps von Schwaben und Friedrichs II. mit 
Otto IV., sowie Ludwigs d. B. mit Friedrich d. Sch. ist dann gerade der Krönung aus- 
schlaggebende Bedeutung beigemessen worden. 
Für den Krönungsort war ähnlich wie für den Wahlort (s. 0. S. 97) bestimmend, 
daß der Mainzer Erzbischof die Krönung möglichst in seiner Metropole oder doch 
in seiner Eızdiözese vollzogen wissen wollte, um sich dabei den Vorrang zu sichern. 
Daher fand auch bei Wahlen, in denen der Mainzer den Ausschlag gab, die Krönung 
in Mainz statt. Dann aber begann die Rivalität zwischen Mainz uud Köln.!) Mei- 
stens war Krönungsort Aachen; nur sind in dieser Periode Konrad I. in Forchheim, 
Heinrich II. und Komad IL, sowie der Gegenkónig Rudolf von Sehwaben in Mainz, 
der Gegenkónig Hermann in Goslar gekrónt worden. Berechtigt zur Vornahme der 
Krönung war anfangs der Erzbischof von Mainz*), sls vornehmster deutscher Bischof 
und Reichsbeamter. Bei der Krönung Ottos I. in Aachen erhob der Kölner Erzbischof 
Anspruch, weil Aachen in seiner Diözese lag*), und auch der Trierer wegen des größeren 
Alters seiner Kirche; indessen gab das hohe Ansehen Hildiberts von Mainz für diesen 
den Ausschlag. Bei Otto II. waren alle drei Erzbischöfe an der Krönung beteiligt, 
jedoch der Kölner in bevorzugter Weise. Bei Otto III. nahm der Erzbischof von 
Ravenna, der ihn aus Italien geleitet hatte, die Krónung unter Assistenz des Mainzer 
Erzbischofs vor. Die nüchsten Krónungen haben nicht in Aachen stattgefunden, viel- 
leicht gerade deshalb vom Mainzer Rivalen verhindert, demit der mit der Lage 
Aachens begründete Anspruch nicht aufkommen konnte. Heinrich II. und Konrad II. 
wurden von den Mainzer Erzbischôfen in Mainz gekrönt, und ein Mainzer Erzbischof 
war es auch, der den Gegenkónigen Rudolf und Hermann die Krone aufgesetzt hat. 
Ebenso ist Heinrich V. 1106 vom Mainzer Erzbischof gekrönt und dadurch erst 
eigentlich zum Herrscher gemacht worden. Von diesen Fällen abgesehen, ist aber 
der Kólner Erzbischof, der an Heinrieh III. zum erstenmal die Kónigskrónung voll- 
zogen het, jetzt der krónende Bischof, besonders seit Papst Leo IX. die Entscheidung 
getroffen, daB ihm innerhalb seiner Diózese die Krónung zustehe. Dem Mainzer ver- 
blieb aber ein Hilfskronungsrecht.*) 
Die deutsche Königswahl und Krönung galt, ursprünglich wenigstens nach deutscher Aui- 
fassung, auch für Italien und Burgund. Doch haben Heinrich II., vielleicht Konrad II., Konrad, 
Heinrichs IV. Sohn, Konrad der Staufer als Gegenkönig gegen Lothar, dann Friedrich I. und seine 
Nachfolger sich in Italien nochmals krönen lassen. Als Krönungsstädte waren Pavia, Monza und 
Mailand gewählt worden.°) — In Burgund ist vielleicht Konrad IL, sicher Friedrich I. in Arles 
besonders gekrónt worden. 
Je nachdem die Kónige ihrer Wahl oder Krónung entscheidende Bedeutung für ihr Kónigtum 
beigelegt haben, rechneten sie ihre anni regni von der Wahl oder von der Krónung an. Ein einheit- 
liches Prinzip hat nicht bestanden, wüáhrend beim Kaisertum die anni imperii gleichmáDig von der 
3 1) Áhnlich wie in Frankreich zwischen Reims und Sens. R. HorrzwANN, Franzósische Vig. 
1910 S. 118. : 
2) Ein Privileg des Papstes Benedikt VII. vom März 975 spricht dem Erzbischof von Mainz 
das Recht der Kônigskrônung zu. Jarrk, Reg. Pont. 3784. 
3) TurzrMARII, 1: Der Mainzer krónte cum licentia Wigfridi, s. Coloniensis archipresulis, in 
euius diocesi hoc fuit, et auxilio Trevirensis; dies deutet auf einen voraufgegangenen Streit über die 
Berechtigung zur Krónung. 
4) Das führt dazu, daB Mainz im 17. Jh. das Krónungsrecht zurück erwirbt durch einen Ver- 
zn mit Koln 1657. Vgl. U. SruTz, D. Erzbischof von Mainz und die deutsche Kónigswahl, 1910, 
. 43f.; Derselbe, ZSavRg. 31, 1910, S. 446f. 
5) Über die italienische Krónung: P. MErNHOLD, Forschungen zur Geschichte der lombardi- 
schen Krónung der deutschen Kaiser und Kónige. Halle. Diss. 1883; K. Haasz, Die Kónigskró- 
nungen in Oberitalien und die eiserne Krone. StraBburg. Diss. 1901; A. KnóNxR, Wahl, Krónung 
der deutschen Kaiser und. Könige in Italien. 1901. Die Bezeichnung „eiserne“ Krone kommt nicht 
vor dem 13. Jh. vor (vgl. MURATORI, Anecd. 2, 309), die archäologische Untersuchung ergab aber, 
daß die noch vorhandene italienische Krone aus dem 9. Jh. stammt. Vgl. BARBIER DE MoNTAULT, La 
couronne de fer au trésor de Monza, in Revue de l'art chrétien. S. 377—392, 
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
	        
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