Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
    
     
  
  
  
  
   
      
Kaiserkrönung 
war, kaiserliche Rechte von den königlichen zu trennen. Sie waren längst infolge der 
jahrhundertelangen Verbindung zwischen deutschem Königtum und Kaisertum in- 
einander überg»gangen. Das Reichsweistum vom Jahre 1252 und das Gesetz Ludwigs 
d. B. „Licet iuris‘‘ vom Jahre 1338 haben nichts anderes getan, als dieser Vermischung 
der Rechtsauffassung Rechnung zu tragen, indem sie dem deutschen König die Be- 
fugnis zulegten, vor der Kaiserkrönung Kaiserrechte auszuüben. 
Je nach der Auffassung, die man mit der Wahl verband, richtete sich auch die 
Auffassung von der Kaiserkrönung. Die Beurteilung der Kaiserkrönung schwankte 
zwischen den beiden Gegensätzen, ob sie nur eine kirchliche Zeremonie sei, die das Kai- 
sertum ergänzte und vollendete, oder ob sie erst die kaiserliche Gewalt schaffe und be- 
gründete. Jedenfalls galt sie als notwendig bis Maximilian. 
Vor der Kaiserkrönung leisteten die zu Krönenden den Päpsten Eide, die sich 
auf die Sicherheit des Papsttums bezogen und ein Treuegelóbnis enthielten.") Auch den 
Römern wurde zuweilen von den künftigen Kaisern das Versprechen gegeben, daß ihnen 
ihre Privilegien und Gewohnheiten erhalten bleiben sollten. Besondere Feierlichkeiten”) 
wareu mit dem Einzug in die Stadt Rom, mit dem Eintritt in die Peterskirche und der 
eigentlichen Krönung verbunden. Lothar ist in dieser Periode der einzige Kaiser, der 
nicht in der Peterskirche, sondern, da diese vom Gegenpapst Anaclet besetzt gehalten 
wurde, in der Laterankirche gekrönt ist. 
Zu unterscheiden von der Kaiserkrönung ist die Ernennung und Krönung zum Patrizius der 
Stadt Rom. Die fränkischen Könige hatten diesen Titel von den Päpsten erhalten. Die Karolinger 
und Ottonen begegnen uns mit dem Titel imperator et patricius; demnach scheint die Patrizius- 
würde als eine mit dem Kaisertum übertragene Stellung aufgefaßt zu sein. Nun aber hat Otto III. 
einen kaiserlichen Beamten als patricius ernannt, und seitdem erscheint der Titel öfters getrennt vom 
Kaiser, römische Adelsgeschlechter sind im Besitz dieses Titels und benutzen ihn, um auf die Papst- 
wahl einen Druck auszuüben. Auch Gottfried, der Gemahl der Beatrix von Tuscien, führt ihn; kurz, 
neben dem Kaiser als summus patricius kommt nun ein besonderer patricius vor. Heinrich III, 
Heinrich IV., Heinrich V. haben teils vor, teils nach der Kaiserkrónung den Titel erhalten. Verliehen 
wurde er von den Rómern, denn er bezog sich in erster Linie auf die Stadt Rom. 
3. Der König und die königliche Gewalt. 
R. ScHoLz, Beiträge z. Gesch. der Hoheitsrechte des deutschen Königs z. Z. der ersten Staufer, 
in Leipziger Studien II, 4. 1896. SEELIGER, Konigswahl und Huldigung, in HVSchr. 4, S. 511. 
ScHRODEER, Rg.% $ 43. 
Einen Unterschied zwischen der Machtstellung des Känig: in Deutschland und 
der des Kaisers gab es nicht; Kónigsgewalt und Kaisergewalt galten als gleichwertig. 
Durch Gewinnung des Kaisertums erweiterte sich nur der Umfang des Bereichs, nicht 
mehr das Wesen der Gewalt selbst. Ja der Konig hatte sogar ein Vorrecht vor dem 
Kaiser voraus: er durfte schon zu seinen Lebzeiten sich einen Kónig als Mitregenten 
und designierten Nachfolger zur Seite wühlen und krónen lassen.*) Nur Otto I. hat 
dasselbe hinsichtlich der Kaiserkrónung für seinen Sohn Otto II. erreicht; seitdem ge- 
schah es nicht wieder. Und als Friedrich I. den Versuch machte, antwortete ihm der 
Papst, daB nieht gleichzeitig zwei Kaiser sein kännten.*) 
  
1) E. EtcHuANN, Die Adoption des deutschen Königs durch den Papst, ZSavRg. 37, 1916, 
S. 291ff., weist auf die Adoption des Königs durch den Papst als auf einen Bestandteil des Kaiser- 
krónungs-Zeremoniells hin (S. 305). Er sieht in der Adoption des Kónigs als filius specialis (unicus, 
specialissimus, singularis) ecclesiae die ülteste Form der Approbation des künftigen Kaisers. 
2) J. ScHWARZER, Die Ordines der Kaiserkrónung. FDG. Bd. 22. A. DIEMAND, Das Zere- 
moniell der Kaiserkrónung von Otto I. bis Friedrich IT. 1894. Vgl. auch Warrz, Die Formeln der 
deutschen Kónigs- und rómischen Kaiser-Krónung. Abh. d. Gótt. Ges. d. W. 1873. 18. WERMING- 
Horr, Zur handschriftlichen Überlieferung vou Krónungsordnungen. NA. 26. 
3) SoHRODER, Rechtsgeschichte ®, S. 495, hielt es irrtümlich für einen Vorzug des Kaisers, 
,daf er einen römischen König als Gehilfen und gekrönten Nachfolger neben sich haben konnte, 
was dem bloßen König wohl versagt war“. In der 6. Aufl. hat Frh. v. Künßberg diese Stelle getilgt. 
Die Salbung Ottos II. zum König erfolgte vor Ottos I. Kaisertum. LA 
4) Chron. regia Col. 1185. MG. SS. 10. Arnold von Lübeck III, !1. MG. S8. 21, 156. 
  
 
	        
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