Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
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Hofkapelle, Kanzlei 111 
ten, ja auch zu militärischen Aufträgen. Kapelle und Kanzlei wurden dadurch in noch 
engere Verbindung miteinander gebracht, daß der Vorsteher der Kapelle, der archicapel- 
lanus, gleichzeitig Leiter der Kanzlei war. Beide Ämter blieben dauernd bei den Erz- 
bischófen von Mainz. 
3. Je mehr der Kónigshof das Bestreben hatte, eine wirkliche Zentrale der Ver- 
waltung zu werden, je mehr Geschüfte am Hofe zusammenliefen und von hier aus Wei- 
sungen und Anordnungen hinausgingen ins Reich, desto mehr mußte sich die Not- 
wendigkeit herausstellen nach einer organisierten Kanzlei?) für den schriftlichen Ver- 
kehr, für die redaktionelle Tátigkeit an Gesetzesentwürfen, Erlassen und Instruktionen. 
Die Einrichtung der Kanzlei knüpfte an das römische Vorbild an. Bei den Mero- 
wingern unterscheiden wir als Beamte der Kanzlei einerseits Referenda1e, andererseits 
die eigentlichen Schreiber. Wir sehen aber hier von der Darstellung der eigentlichen 
Kanzleitütigkeit und der Verteilung der Kanzleigeschäfte ab und verweisen auf den 
einsehlügigen Abschnitt in diesem Grundri& von R. Tmowwrw. Den Verfassungs- 
historiker interessiert, daB das Referendariat, das übrigens ein von Laien bekleidetes 
Hofamt ist, seine Tátigkeit allem Anscheine nach nicht in der Kanzleisphüre erschópfte, 
sondern einen weiteren Wirkungskreis hatte. Wir sehen Referendare mit militärischen 
und finanziellen Aufgaben betraut. 
Unter den Karolingern bekommt die Kanzlei allmáhlieh ein geistliches Gepräge ; 
die Laien verschwinden daraus; feste Amtstitel bürgern sich ein; die Kanzlei hat jetzt 
einen Vorsteher, der zuerst Notar, daun Kanzler, Erzkanzler bzw. Erzkaplan hief. 
Der Vorsteher der kóniglichen Hofkapelle, der Erzkapellan, hat schon unter Pippin 
und Karl d. Gr. zeitweise sich an der Leitung der Kanzlei beteiligt; diese Einrichtung 
ist seit Ludwig d. D. eine dauernde, so da jetzt der Erzkaplan sowohl Vorsteher der 
Kapelle als Vorsteher der Kanzlei ist. Als nun gar i. J. 870 der Erzbischof von Mainz 
zum Erzkaplan ernannt wurde, begründete er die Personalunion dieser drei Ámter, die 
seitdem, von geringen Sehwankungen abgesehen, dauernd blieb. Otto I. hat für die 
Italien betreffenden Urkunden einen besonderen Erzkanzler und einen besonderen 
Kanzler eingesetzt. Wenn auch diese Stellen zuweilen nicht besetzt waren und 
besonders im unteren Kanzleipersonal keine scharfe Scheidung durchgeführt wurde, 
so bestand doch seitdem mit einigen Schwankungen eine italienische Kanzlei, die 
besonders bei den Römerzügen der Kaiser hervortrat. Der Bischof Burchard 
von Münster (T 1018) ist der letzte Kanzler für Italien. Dagegen hat sich die Stelle des 
italienischen Erzkanzlers erhalten, die seit 1031 dauernd dem Kólner Erzbischof zu- 
kam. — Die italienische Kanzlei versah auch, als Burgund ans Reich kam, die burgun- 
dischen Geschäfte. Dann aber ist ein burgundisches Erzkanzleramt in Händen des 
Erzbischofs von Besancon unter Heinrich III. und im Besitz des Erzbischofs von Vienne 
unter Friedrich I. erwähnt. Seit 1308 behauptet der Erzbischof von Trier den An- 
spruch, diesen Titel zu führen. Auch besondere burgundische Kanzler, — immer sind 
es einheimische Bischöfe, — hat es gegeben; aber fest organisiert ist die burgundische 
Kanzlei nicht gewesen. 
4. An den großen Festtagen, Ostern, Pfingsten und Weihnachten, erweiterte 
sich der Zuzug der Großen aus der Provinz, in der der König sich aufhält, schon von 
selbst zu gróferen Hoftagen?) (colloquium, concilium, conventus, curia). Der Kónig 
1) Näheres im GrundriB: Abschnitt THowwEN? S. 44 und WnMINGHOFE? S. 521.; besonders 
Warrz, Vfg. 6? (SEELIGER), S. 346f. ; 
2) Man sollte in der Stauferzeit und überhaupt vor der Zuziehung der Stüdte noch nicht von 
Reichstagen sprechen; das erweckt nur falsche Vorstellungen. So ist der Titel des Buches von C. 
WACKER, Der Reichstag unter den Hohenstaufen 1882 schon irreführend, natürlich auch die darin ver- 
tretene Ansicht, der Reichstag sei unter den Staufern ein,, Verband der Reichsstánde" gewesen, die ver- 
fassungsmi Big Rechte der Mitregierung gehabt hütten. Dagegen J. FICKER, Fiirstl. Willebriefe S.6 ff. 
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