Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

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120 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
Der Pfalzgraf, comes palatii, ist in der Zeit vom 10. bis 19. Jh. in ganz verschie- 
denartiger Tätigkeit bezeugt, woraus hervorgeht, daß ein neues Amt unter dieser Be- 
zeichnung in Entwicklung begriffen ist, in dem sich Eigenschaften des karolingischen 
Hofpfalzgrafenamtes verbinden mit den Aufgaben ständiger Kammerboten. So wer- 
den die Pfalzgrafen Erchanger und Berthold Kammerboten, missi dominici, genannt: 
ihr Kammerbotenamt wird aber in erster Linie das Richteramt gewesen sein, zu dem 
sie der König delegiert hat, gerade wie seit Otto I. in Italien ständige Kammerboten 
als Richter des Reiches eingesetzt wurden. Mit Erchanger und Berthold verschwinden 
die Kammerboten in Deutschland; die letzten Ausläufer dieses karolingischen Amtes 
gehen in den Pfalzgrafen auf. Die vier Pfalzgrafen von Lothringen, Sachsen, Bayern 
und Schwaben, die seitdem erscheinen, entsprechen den vier Hauptstämmen‘), die wohl 
vorher auch die Sprengel von vier ständigen Kammerboten gewesen waren. 
Die andere Wurzel des Pfalzgrafenamtes ist das karolingische Hofpfalzgrafenamt, 
wo der Hofpfalzgraf Gehilfe des Königs im Hofgericht war. Der in Italien bis Hein- 
rich IT. auftretende Pfalzgraf ist dieser alte Hofpfalzgrat; er tıitt nur in Tätigkeit als 
Beisitzer und Stellvertreter des Königs im Hofgericht, solange der König selbst in Ita- 
lien anwesend ist, — er ist also Hofbeamter. 
Die deutschen Pfalzerafen sind gleichzeitig in Besitz einer Grafschaft. Sie stehen 
in besonderer Beziehung zum Kónigsgute und werden daher die fiskalischen Interessen 
des R.iches im Stammesherzogtum zu wahren gehabt haben. Damit hüngt zusammen, 
dab sie für das Kónigtum in den Herzogtümern zu einer Art Gegengewicht gegen die 
Herzóge wurden. 
Von den vier Pfalzgrafen tritt früh als der vornehmste hervor der lothringische, 
spüter Pfalzgraf bei Rhein genannt, der zuerst seine Residenz in Aachen, spüter in 
Heidelberg hatte. Sein Vorrang ist wohl einerseits dadurch zu erklären, daß er das 
Hofpfalzgrafenamt der Aachener Kaiserpfalz fortgesetzt haben dürfte, ferner aus der 
Bedeutung des fränkischen Stammes überhaupt und aus dem Umstand, daß kein frän- 
kischer Herzog mehr eingesetzt wurde. Der Pfalzgraf bei Rhein wird Richter, wo der 
König Partei ist, und er wird Richter auch bei Thronerledigung für die Zeit der Reichs- 
vakanz, Von da ist es nur noch ein kleiner Schritt, daß der Pfalzgraf auch Richter 
über den König, und daß er der berufene Reichsvikar bei Thronvakanz und Reichs- 
verweser bei Abwesenheit des Königs wurde, wenn nicht ein besonderer Fall vorlag 
und der König einen anderen Reichsverweser ernannte. 
3. Graf, Landgraf, Grafentitel, Markgraf, 
G. Warrz, Verfassungsgesch. 7; S. 1ff. K. KnzTsCHMER, 
europa, im Handbuch von BELOW-MEINECKE IV, 1904; s. au 
Geographie (Kórzscukz), S. 4451, — W. FRANCE, Die Landgr 
SCHENK ZU SCHWEINSBERG, Beitrüge zur Frage nach der Bed 
16. M. DoBERL, Die Landgrafschaft der Leuchtenberger. 1893. 
deutung der thüringischen Landgrafschaft. Z. d. V. f. Thüring. 
o 
Historische Geographie von Mittel- 
ch im Grundri Bd. I, Historische 
afschaften des h. róm. Reichs. 1873. 
eutung der Landgrafschaften. FDG. 
O. DoBENECKER, Ursprung und Be- 
i Gesch. NF. 7. — V. HASENÓHRL, 
Deutschlands südóstliche Marken im 10., 11. und 12. Jh. Arch. f. ósterr. Gesch. 82. 1895. F. v. 
Knoxzs, Die Markgrafen von Steier . . . und ihre Kärntener Markgrafschaft vor 1129. Ebenda 84. 
1898. FELICETT! v. LIEBENFELS, Steiermark vom 8. bis 12. Jh. 2 T. 1872. 1873. U. WAHNSCHAFFE, 
Das Herzogtum Kärnten und seine Marken im 11. Jh. 1878. A. Mrr1, Die historische und terri- 
toriale Entwicklung Krains vom 10. big 13. Jh. 1888. M. Dósznr, Die Markgrafschaften und die 
Markgrafen auf dem bayrischen Nordgau. 1894. FEnm, Fürst und Graf im Sachsenspiegel. 1906. 
a) Der Graf. War unter den Karolingern die Grafschaft ein Amt, das überall 
im Reiche eingeführt worden war, wo geordnete und ruhige Verhältnisse erstanden, 
1) Diese werden gewissermaßen als Reiche aufgefaßt, 
53, $1. Nach einer Predigt Bertholds von Regensburg scheint 
Amtsbezirk im Königsgericht vertreten zu haben. Hrsg. von 
aaO. 77. 
Vgl. Sachsenspiegel Landrecht III 
der Pfalzgraf die Klagen aus seinem 
Premrer, I, 88, 3—10. KzvTGEN 
  
	        
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