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Der Graf, der Landgraf 121
in denen der Graf als Beauftragter des Königs hauptsächlich gerichtliche, militärische
und finanzielle Befugnisse ausübte, so bemerken wir seit Otto I., daB dieses Amt mehr
und mehr als ein beneficium aufgefaDt wird. Dadurch wird der Graf aus einem Be-
amten zu einem Lehnsträger des Königs, er empfángt die Grafschaft durch Belehnung.
Seitdem folgt die Grafschaft der Entwicklung des Lehnswesens, sie wird vor allem ein
Erblehen.
Nicht nur das Wesen, sondern auch der Umfang der Grafschaft hat sich verän-
dert. Es decken sich nicht mehr die Grenzen von Grafschaft und Gau, sondern, durch
verschiedene Umstände veranlaßt, sind einerseits in einem Gau mehrere Grafschaften
eingerichtet worden, andererseits sind auch mehr als ein Gau oder Teile von Gauen zu
einer Grafschaft vereint worden. So hat Erbanfall, — an sich der reinen Grafschafts-
verfassung widersprechend, — mehrere Grafschaften in einer Hand vereinigt. Besitz-
zuwachs haben mächtige Grafen gewonnen durch Kampf oder infolge Verarmung
ihrer Nachbarn. Durch willkürliche Teilungen und neue Zusammenlegung entstehen
territoriale Grafsehaften. Sie erhalten ihre Bezeichnung von den Familiennamen der
Grafen, die ihrerseits wieder von der allodialen Stammburg abgeleitet sind); viele
alte Gaugrafschaftsnamen gehen daher seit der zweiten Hälfte des 11.Jhs. unter.
Eine weitere Durchkreuzung der alten Gaugrafschaftsverfassung wurde angebahnt
durch das Aufstreben selbstándiger Bezirke innerhalb der Grafschaft, wie Immunitáts-
bezirke, Stadtbezirke, die durch erhaltene Exemtionen die Tütigkeit des Grafen mehr
und mehr lahmlegten und schließlich selbst gräfliche Rechte erlangten oder auf andere
Weise den Grafen ganz ausschalteten.
Andererseits aber gab es doch auch Grafschaftsgaue, in denen durch früh ein-
tretende Erblichkeit und günstige Umstände der Umfang der alten Grafschaft gewahrt
blieb und so die mächtige territoriale Grafschaft uns entgegentritt, wie die der Grafen
von Flandern, von Hennegau, von Brabant, von Holland u. a. Oder aber es wahrte
sich auch wohl mal ein Graf trotz der Zersplitterung der alten Gaugrafschaft die hohe
Gerichtsbarkeit über den ganzen Umfang des alten Gaues, und dies führte zu der be-
sonderen Bezeichnung der Landgrafen.
b) Der Landgraf. Das Wesentliche in der Stellung des Landgrafen (comes provin-
cialis, c. provinciae, c. regionarius, ©. regionis, c. patriae, C. principalis) ist die Aus-
übung der gräflichen Gerichtsbarkeit in einem größeren Gebiet, im wesentlichen im
Gebiet des alten Gaues zur Zeit, als die Gauverfassung bereits aufgelöst war. Der
Landgraf ist der Fortsetzer des Gaugrafen, während ringsherum Kleingrafen und Titu-
largrafen entstehen. Dies läßt sich nachweisen bei den im 12. Jh. zuerst mit der Be-
nennung Landgrafen auftauchenden beiden Landgrafen im ElsaD vom Nordgau (Unter-
elsaB) und vom Sundgau (OberelsaB), bei den Landgrafen in verschiedenen Gegenden
Alamanniens und Bayerns wie vom Albgau (Stühlingen), vom Linzgau ( Heiligenberg),
wo immer der Bezirk der Landgrafschaft mit dem Gebiet eines alten Gaues sich deckte.
Etwas abweichend ist vielleicht die Entwicklung in Thüringen, wo wir im 11. Jh. unter
dem Titel comes de Thuringia bald diesem, bald jenem Grafen begegnen, bis 1129 zu-
erst Hermann von Winzenburg mit dem Titel Landgraf auftritt, der aber nach der
Achtung Hermanns an Ludwig den Jiingeren von Thiiringen vergeben wird, bei dessen
Familie er bis zum Aussterben 1247 verblieb. Es scheint, daß in Thüringen zur Macht
gelangte Grafen über andere Grafen das Übergewicht gewonnen und dadurch auch den
Vorsitz im Grafengericht weiterer Bezirke erlangt haben, bis diese Vorzugsstellung
dauernd beim Hause Ludwigs des Jüngeren blieb. Es ist also eine auf Ansehen, nicht
auf Fortsetzung der alten Gaugrafschaft beruhende Stellung, die besonders auch des-
1) Friepricas, Burg und territoriale 3Xrafschaften. Bonn Diss. 1907.