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Berufsstände
8. Der Bauernstand.
H E. Mourror, Die Stünde der Freien in Westfalen und der Sachsenspiegel. 1910. Huck, Der
Sachsenspiegel und die Stände der Freien. Dazu die Rezension von Awina in ZSavHRg. 27. 1907.
S. 3791f. FEHR, Das Waffenrecht der Bauern im MA. ZSavRg. 35 u. 38.
Derselbe Prozeß, der zu dem berufsmäBigen Ritterstand führte, ohne an dem
alten Unterschiede von frei und unfrei zu scheitern, hat aueh unter Sprengung der
alten volksrechtlichen Stánde zu den Berufsstünden der Bauern und Bürger geführt.
War noch in der karolingischen Zeit die Freiheit das Unterscheidungsmerkmal,
das die Bewohner des platten Landes in zwei Klassen schied, so haben schon die
verschiedenen Formen besser gestellter Unfreiheit und die Differenzierung der Frei-
heit selbst die trennende Wirkung dieses Unterschiedes stark beeintrüchtigt. Zahl-
reiche freie Kleingrundbesitzer begaben sich in ein Schutzverhàültnis, andere nahmen
zinspflichtiges Gut an und erhielten so in der einen oder anderen Weise denselben Herrn,
den auch unfreie und hórige Ackerbauer über sich erkennen. Je mehr die Bedingungen
der Unfreiheit und Hórigkeit im Laufe der Zeit sich mildern, desto mehr erkennt man
in all diesen verschiedenartigen Landbewohnern nur den Bauer mit der ausschlieBlich
ländlichen Beschäftigung, die er auch mit dem abhängigen Freien gemein hat. Seit
dem 11. und 12. Jh. ist dieser zusammenfassende, den Berufsstand bezeichnende
Begriff Bauer vorhanden.
Trotz dieser nivellierenden Berufsbezeichnung Bauer sind aber nach öffentlich-
rechtlichen Gesichtspunkten noch trennende Standesunterschiede vorhanden. Am
wenigsten noch in bezug auf das Kriegswesen. Die im Bauernstand aufgehenden Freien
sind zunächst im Prinzip nicht frei vom Kriegsdienst; aber sie werden meist, da kein
Bedarf da ist, nicht aufgeboten. So verloren sie allmählich tatsächlich ihr altes Waffen-
recht, insbesondere mit dem Aufkommen der Ritterheere. Die unfreien und hörigen
Bauern kamen für den Kriegsdienst von vornherein nicht in Betracht.
Seit dem Ende des 11. Jhs. steht der Bauer im besonderen Frieden, er wird in
den Friedensgesetzen geschützt. Da er sich nieht mehr selbst zu schützen braucht,
geht ihm das Fehderecht verloren. Der vom Fehderecht ausgeschlossene Bauer
braucht auch keine Waffen mehr, es erfolgen Waffeuverbote für den Bauer. Damit
hüngt zusammen, daß er auch des Zweikampfs als gerichtlichen Beweismittels ver-
lustig geht.
Hinsichtlich des Steuerwesens ist aber die Scheidung noch deutlich erkennbar.
Die Steuerpflicht ist beim Bauernstand nur auf diejenigen beschränkt, die freies
Grundeigen besitzen. Es ist also hier sogar eine Unterscheidung selbst bei den aus
dem freien Stande stammenden Bauern gemacht, indem die landlosen freien Bauern,
die nur fremdes Gut unterhaben, von den steuerzahlenden freien Grundeigentümern
geschieden sind. Diese öffentlichrechtliche Unterscheidung hat selbst, nach der bisher
geltenden Auffassung!), zu neuen Sonderbezeichnungen geführt, man nannte die Frei-
bauern mit freiem Eigen, auf dem die öffentlichen Grafschaftsabgaben ruhten, P fleg-
hatte (oder Bargilden, Biergelden), die anderen, die kein Eigen hatten, sondern auf
tremdem Land saBen: Landsassen. Als sich das Steuerwesen mehr und mehr ent-
wickelte, da sind die freien Bauern die Haupttrüger der Bedepflicht, während andere
Stände für ihre Reichsleistungen Privilegien erhielten und oft steuerfrei wurden.")
1) S. o. S. 132.
Früher wurde es so dargestellt, als sei die Bedepflicht ein Ersatz für den Kriegsdienst.
Diejenigen, nämlich die gemeinireien Grundeigentiimer, die nicht Heeresfolge leisteten, sollten statt
dessen eine Heeressteuer gezahlt haben. Die Steuer soll an das karolingische adiutorium angeknüpft
haben und zu einer ständigen Einrichtung geworden sein. Diese Auffassung geht schon auf KICH-
HORN, Deutsche Staats- u. Rechtsgesch., zurück; vgl. IIT, $ 223, 299, 306, 337; IV, $ 343a, 368
Anm. a. Der Stand der Pfleghaften wurde nach dieser Ansicht von dem der Schöffenbaren getrennt
durch die Ablösung der Wehrpflicht und die dadurch veranlaßte Belastung des Grundeigentums.