Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
   
  
     
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
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Bürgerstand. Gerichtsverfassung 
leicht auch Landsassen und die verschiedenen Arten unfreier Stánde, so entwickelt 
sieh dann der Grundsatz ,,Stadtluft macht frei‘. Die Horigen und Unfreien streifen 
die Merkmale ihrer Gebundenheit ab und werden dann auch frei. Ja, im 12. Jh. wird 
bei Neugründung von Städten, um Ansiedler anzulocken, geradezu das Privilegium 
erteilt, daB Unfreie, die Jahr und Tag unbeanstandet in der Stadt gewohnt haben, 
als Freie anzusehen seien. 
Das Ergebnis ist zuletzt die freie Bürgerschaft. 
Aber diese freie Bürgerschaft ist nur gesellschaftlich und rechtlich ein gemein- 
samer Stand gegenüber Adel und Bauernstand. Von den Bauern unterscheidet sie 
sich noch besonders dadurch, daß sie das Waffenrecht behielt. Innerhalb der Bürger- 
schaft selbst gab es von Anfang an Gliederungen wirtschaftlicher Natur nach Beschäf- 
tigung und Vermögen. 
; In vielen Städten, besonders den kleineren Landstädten, lebten noch Leute, die 
einen großen Teil ihrer Betätigung in landwirtschaftlicher Beschäftigung fanden. 
Der Herkunft nach haben wir in vielen Städten Sondergruppen wie Friesenviertel, 
Flamen u. a. Dem Vermögen nach schieden sich bald die reichen Kaufherren von 
den anderen Stadtbewohnern, so zwar, daß in Köln schon im 12. Jh. die Reichen sich 
zu einer besonderen Genossenschaft, die Richerzeche, zusammenschließen konnten. 
Und später kam dann noch die Scheidung der ratsfähigen Geschlechter von den 
Zunftbürgern hinzu. 
Nicht alle Stadtbewohner gehörten zur Bürgerschaft. Die Bürgerschaft mußte 
besonders gewonnen werden; sie war an bestimmte Aufnahmebedingungen geknüpft. 
Außerhalb der Bürgerschaft standen meist die Geistlichen, die Juden und die 
Ministerialen des Stadtherrn. 
8. Gerichtsverfassung. 
Warrz, Verfassungsgesch. 8 1—94. UnNoEr, Altdeutsche Gerichtsverfassung. 1842. O. 
S1oBBE, Die Gerichtsverfassung des Sachsenspiegels. Z. f. d. Recht 15. R. ScHRÓDER, Die Ge- 
richtsverfassung des Sachsenspiegels. ZSavRg. b. G. MEYER, Die Verleihung des Kónigsbannes und 
das Dingen bei markgräflicher Huld. 1881. v. ZALLINGER, Uber den Kónigsbann. MIOG. 3; Der- 
selbe, Z. Gesch. der Bannleihe. MIÓG.10. O. FrankuiN, Das Königl. und Reichshofgericht in 
Deutschland in der Zeit von Heinrich I. bis Lothar von Sachsen. FDG. 4; Derselbe, Das Reichs- 
hofgericht im MA. 2 Bde. 1867—1869. J. BROCK, Die Entstehung des Fehderechts im Deutschen 
Reiche des MA. Posen. Progr. 1887. A. KrvokHoHN, Gesch. des Gottesfriedens. 1857. R. GOEKE, 
Die Anfánge der Landfriedensaufrichtungen in Deutschland. 1875. K. W. NrrzscH, Heinrich IV. u. 
der Gottes- u. Landfrieden. FDG. 21. S. HEnzsERG-FRANKEL, Die ältesten Land- u. Gottesfrieden 
in Deutschland. FDG. 23. F. Kücx, Die Landfriedensbestrebungen Kaiser Friedrichs I. Marburg. 
Diss. 1887. U. EGGERT, Studien z. Gesch. der Landfrieden. Göttingen. Diss. 1875. v. ZAL- 
LINGER, Der Kampf um den Landfrieden in Deutschland wührend des MA. MIOG. Ergb. 4. 
L. WEILAND, Süchsischer Landfriede aus der Zeit Friedrichs IL. und die sog. treuga Heinrici regis. 
ZSavRg. 8. K. ZeuMER, Der deutsche Urtext des Landfriedens von 1235. NA. 28. O. STOBBE, 
Der ostfälische SchultheiB und der holsteinische Overbote. ZSavRg. 7. CH. ECKERT, Der sächsische 
Fronbote im MA. GieBen. Diss. 1897. C. SrÜvE, Untersuchungen über die Gogerichte in Westfalen 
und Niedersachsen. 1870. J. Scumrrz, Die Gogerichte im ehemal. Herzogtum Westfalen. Münster. 
Diss. 1901. Fear aaO. F. PururPri, Landrechte des Münsterlandes. 1907. E. MEISTER, Ostfälische 
Gerichtsverfassung im MA. 1912. 
Als Quelle der. Gerichtsgewalt galt der König; er gab dem Richter das Recht 
zur Handhabung der Gerichtsbarkeit; er gab dem Urteil zwingende Kraft und Voll- 
streckung. Trotzdem ist die Gerichtsbarkeit im Deutschen Reiche keine einheitliche 
geworden, sie ist vielgestaltig wie das Staatswesen selbst. Es haben sich mannigfache 
Rechtskreise öffentlichen und privaten Charakters gebildet, die das Bild der karo- 
lingischen Gerichtsverfassung in mehr als einer Hinsicht veränderten und vielfältiger 
gestalteten. Karls d. Gr. Justizgesetzgebung hatte schon bald die Folge gehabt, daß 
eine niedere Gerichtsbarkeit von einer höheren sich schied. Der Graf verwaltete die
	        
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