Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

    
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Das 18. und 14. Jahrhundert 149 
13. Jh. zu erfüllen hatte, bedurfte es gar keiner bis in alle Details dringenden kompli- 
zierten Verwaltungsmaschine. Die Hauptaufgabe war, den Frieden zu schützen; der 
König mußte den Frieden verbürgen nach außen, er mußte aber auch im Inneren 
des Reiches dem einzelnen den Frieden gewährleisten durch Bestrafung der Fried- 
brecher. Dazu mußte er nur Macht und Ansehen haben, und solange er die besaß, sah 
es leidlich aus im Reiche. Die gesetzgeberische Tätigkeit des Königtums ergab daher 
in erster Linie eine Strafgesetzgebung, und die Kirche, auf die sich ja der Staat in 
dieser Zeit stützte, lieh ihm hierbei ihre Hilfe durch die Betonung des Gottesfriedens 
und durch eine parallel gehende kirchliche Strafverwaltung. Voraussetzung zur ge- 
.meinschaftlich staatlichen Arbeit war allerdings der Friede zwischen Staat und Kirche 
und die dadurch verbürgte Gemeinsamkeit der Interessen. 
| Beide Grundlagen des mittelalterlichen Staatswesens waren ins Wanken geraten. 
Der Friede zwischen Kaiser und Papst hat seit dem 11. Jh. Stoß auf Stoß erhalten, 
und die reale Macht des Kónigtums war durch VerüuBerung kóniglicher Rechte und 
materieller Hilfsquellen untergraben worden. 
Mit der wachsenden Bedeutung des Geldes trat seit dem 13. Jh. an die Stelle 
der Verlehnung des Reichsgutes und der Reichsrechte die Verpfändung. Durch Nicht- 
einlösung der Verpfändungen hat die Macht des Reiches nicht minder dauernde Ein- 
bußen an Hoheitsrechten, Einnahmen und Untertanen erlitten als vorher durch 
Verlehnung und Erblichkeit der Lehen. 
Das Verhältnis des Königs zu den Reichskirchen ist seit dem Wormser Konkor- 
dat ein anderes geworden, die Inhaber dieser Bistümer und Abteien sind nur noch. 
unter dem Gesichtswinkel des Lehnsinhabers vom Königtume abhängig. Die geist- 
lichen Fürsten gelten als Vassallen und werden in das Lehnswesen eingefügt. Etwa seit 
den Staufern ist der Lehnsstaat fertig, und die Folgen des Lehnswesens stellen sich 
nunmehr ein bei allen Beamtenkategorien, bei weltlichen und geistlichen Fürsten. 
Indem sich immer festere Grundsätze für die Behandlung der Reichslehen entwickeln, 
tritt die Auffassung des an die Person des Kónigs gebundenen Reiches zurück.!) Das 
Reich erscheint jetzt als etwas Alleinbestehendes; es ist getragen von den Fürsten 
und ist ein Begriff neben dem Kónigtum. Das Kónigtum darf diesem Reieh nichts 
entfremden, es darf ihm kein Reiehsfürstentum entziehen. 
Je mehr das Kónigtum seinen Schwerpunkt nach Italien verlegt, und je mehr 
os besonders in der Zeit der Doppelwahl an Besitz und Rechten einbüBt, desto mäch- 
tiger wüchst neben ihm das Reichsfürstentum empor. Hier liegen die Keime für eine 
ganze Reihe von Neubildungen, die im Interregnum neue Nahrung erhalten haben. 
Über den Reichsfürsten heben sich die Kurfürsten als eine besonders bevorrechtete 
Klasse empor, die Reichsfürsten streben nach Territorialhoheit, neben ihnen kommen 
die Städte empor. Alle drei suchen Anteil an der Reichsregierung zu gewinnen, und 
das führt zum regelrechten Reichstag einer ständischen Volksvertretung. 
Das Ende der Feudalzeit ist dann gekommen mit den Versuchen, das Reich 
auf eine andere Grundlage zu stellen durch die Reformen des folgenden 15. Jhs. Die 
zentralistischen Bestrebungen, wie sie in der Erhebung des gemeinen Pfennings durch 
die Pfarrer oder im Verbot des Fehdewesens durch den ewigen Landfrieden uns ent- 
gegentreten, atmen einen ganz anderen Geist als den des Feudalismus. Und in den 
aufstrebenden Territorien werden die lehnsrechtlichen Anschauungen durch ein 
neues Beamtentum überwunden. 
1) v. BELow (Staat des MA., S. 181) gibt den personlichen Charakter des mittelalterlichen. 
Staates zu, móchte aber die Bezeichnung privatrechtlich für dieses persänliche Verhältnis zum Herr- 
scher vermieden wissen. 
    
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
  
  
  
  
  
  
  
     
	        
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