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Landeshoheit 171
desherren auch ein Besteuerungsrecht durchsetzen, das über die dem alten Grafen
in finanzieller Hinsicht zustehenden Rechte hinausgeht.
Naturgemáb sucht die um sich greifende Landeshoheit auch die Handhabung
der kónigliehen Regalien zu gewinnen und den Kónig aus ihrer Nutzung für das lan-
desherrliche Gebiet zu verdrängen. Aber es gelingt dies nicht gleichmäßig und zum
Teil erst spät. Manche Regalrechte blieben dem Königtum bis ans Ende des MA.
in einzelnen Territorien gewahrt: meist das Zoll-, Münz- und Marktregal. Auch das
Stromregal und die StraBenhoheit blieb dem Reiche.!) Der Besitz der Regalien hat
demnach für die Entstehung der Landeshoheit keine wesentliche Bedeutung gehabt;
denn auch Nicht-Grafen haben Regalien verliehen erhalten, ohne daß sie durch diesen
Erwerb öffentlicher Rechte zu Landesherren geworden wären.?) Landesherr kann man
auch werden, ohne im Besitz der Regalien zu sein.
Aber die Landesherren suchen selbstverständlich auch Regalien zur weiteren
Ausgestaltung ihrer Landeshoheit zu gewinnen, und es glückt ihnen dies bisweilen
auch eher hinsichtlich des Geleitsregals und Jagdregals. Doch auch die Errich-
tung von Markt, Münze und Zoll wird von den Landesherren abhängig. Diese
Regalien werden dadurch wieder für ein Staatsoberhaupt zurückgewonnen, während
es bisher möglich war, daß sie auch an Private durch Verleihung gekommen sein
konnten.?)
Möglich geworden ist die Ausbildung der Landeshoheit nur durch die Lockerung
der lehnsrechtlichen Bestimmungen im deutschen Lehnswesen. Wührend in Frank-
reich ein straff gehandhabtes Lehnsrecht das Aufkommen der Landeshoheit verhin-
dert hat, sind in Deutschland dem Kónig die Zügel entglitten, die an sich das Lehns-
recht hätte bieten kónnen.^) In Deutschland durfte der Kónig weder ein Lehen einziehen ®)
noch ein heimgefallenes Lehen in der Hand behalten, um seine Macht dadurch auf
Kosten der partikularen Gewalten zu erweitern. Dagegen haben die fürstlichen
Lehnstrüger ihre Rechte zu stürken und auszudehnen gewuDt; sie haben auch ge-
legentlich nicht gezogert, die Vorschriften des Lehnsrechtes aufer acht zu lassen,
wenn sie Vorteil davon hatten.
Auch die allgemeine politische Schwäche des deutschen Königtums ist ein Er-
klárungsgrund für die Entstehung der Landeshoheit. Dazu kam seine Einbue an realer
Macht. Das Reichsgut war seit der Doppelwahl von 1198 vielfach verpfándet und
verschleudert worden, im Interregnum der Krone grofenteils verloren gegangen.
Seine zerstreute Lage war auch keinesfalls geeignet, dem Kónigtum einen starken
Rückhalt zu bieten. Der Wechsel der deutschen Dynastien, der Kónige aus verschie-
denen Häusern, machte sich gerade im 13. Jh. verhängnisvoll für die Zentralregie-
rung geltend. Das war der Boden, auf dem, historisch betrachtet, die Selbständigkeit
der Landesherren erwuchs.
Jedenfalls bedeutet die Landeshoheit nach oben hin eine möglichste Lahm-
legung der königlichen Gewalt. Nach unten hin hat sie sich in der Beseitigung der
selbständigen niederen Gewalten und in der Ausbildung einer einheitlichen öffent-
lichen Gewalt gezeigt. Fremde Hoheitsrechte innerhalb des Territorialgebietes
mußten hinweggeräumt und eine eigene landesherrliche Gewalt an die Stelle gesetzt
werden. Dieser innere Prozeß wandelt die Stellung des Landesherrn in eine obrig-
1) Fenr aaO. S. 132ff. 2) KEuTGEN aaO. S. 123.
3) KEUTGEN aaO. S. 125. 4) FEu& aaO. S. 30. ; 4
5) In Frankreich hat das Kónigtum gerade die groBen Kronlehen einzuziehen vermocht. Der
gegenteilige deutsche Rechtssatz ist für die deutsche Verfassungsgeschichte von verhängnisvoller
Tragweite gewesen. Vgl. auch R. HOLTZMANN, Französische Vig. S. 191£. {K. v. AMIRA, Grundriß
d. german. Rechts.? S. 156. G. v. BELOW, Staat des MA. S. 250f.