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Militärwesen 193
keit gegeben, daß jetzt mehrere Burglehen in einer Hand vereinigt werden konnten.!)
Man konnte so auf verschiedenen Burgen Burgmann sein.
Die Burgenverfassung stellt sich dar als ein Gegensatz zu der Lehnsverfassung.
Der Kaiser gewann durch das Burglehen eine zuverlässige Mannschaft auf den Reichs-
burgen, in einer Zeit, wo die Entwicklung des Lehnswesens ihm die Verfügbarkeit
über die Lehen sehr beschnitten hat. Gegen die sich vom Reiche immer mehr emanzi-
pierenden Lehnsträger erhielt er so wenigstens zum Schutze des Reichsbesitzes ein
Gegengewicht in den Burgmannen. Ähnlichen Vorteil zogen die Territorialherren aus
dieser Einrichtung, da sie sehr gern zur Durchbrechung des alten Lehnswesens in ihren
Territorien schritten.
Demselben militärischen Zwecke, wie die Burgen, dienten oft geradezu Stadt-
gründungen, d. h. die Anlage von Mauern um Orte, die für einen gróBeren Bezirk zum
Sehutz gereichen konnten. Sehr oft war eine Verbindung von Burg und Stadtbetesti-
gung gewählt worden. Das führte dann dazu, da in solehen Stádten das Ministerialen-
element überwog, und daf infolgedessen oft Konflikt zwischen Bürgern und Rittern
entstand, der vielfaeh mit der Vertreibung der Ritter und der Zerstórung der Burg
endete.
Das Recht des Burgenbaus und der Befestigung von Städten war ein Vorreeht
des Kónigs. Die Grafen hatten demnach nicht die Befugnis zum eigenen Burgenbau
in ihrer Grafschaft, sondern sie bedurften zu Befestigungsbauten der kóniglichen
Erlaubnis. Auch floB nicht aus der Herzogsgewalt eine besondere herzogliche Be-
festigungshoheit.?) Das Befestigungsregal des Kónigs ist nicht blof als ein Ausfluf
des Heerbanns zu betrachten; denn die Befestigungsanlage wie die Befestigungs-
zerstórung dienten in erster Linie der Bewahrung des inneren Friedens, zur Siche-
rung der ReichsstraBen und der Reichsstädte. Die militárisehen Zwecke treten
dabei hinter die Friedensfürsorge zurück; das kóuigliche Befestigungsregal ent-
springt daher der allgemeinen Verordnungsgewalt des Konigs, nicht einem einzelnen
Sonderbann.
Die beiden Fürstenprivilegien von 1220 und 1232, die confoederatio cum prin-
cipibusecclesiasticis und das statutum in favorem principum, enthalten nicht die Ver-
leihung oder Anerkennung einer landesherrliehen Befestigungshoheit. Der Konig
verbietet in der confoederatio, auf dem Grundeigentum der Kirche Befestigungen zu
errichten, und im statutum fügte er noch die Verzichtleistung auf kónigliche Betesti-
gungen auf dem Eigengut der Kirche hinzu.
Die ausschließliche Befestigungshoheit des Königs hat zur Folge, daß nur er
die Erhebung eines Ungelts für Mauerbau und Burgenbau gestatten kann. Die Aus-
schreibung eines städtischen Ungelts für Befestigungszwecke ohne känigliche Er-
mächtigung ist daher widerrechtlich und wird als ungesetzliche Besteuerung (in-
debita exactio) angesehen. Ebenso ist der Wiederaufbau rechtmäßig zerstörter Be-
festigungsbauten oder das Fortbestehen unrechtmäßig errichteter Befestigungen von
der königlichen Erlaubnis abhängig.
Als der König infolge der Ausdehnung des Reichs und der mit wachsender Un-
sicherheit vermehrten Notwendigkeit des Mauernschutzes nicht mehr selbst das ge-
samte Befestigungswesen übersehen konnte, hat er Befugnisse seiner Befestigungs-
hoheit übertragen zunächst an die Grafen, dann später an die Landfiriedensbündnisse.
1) NrzsE aaO. S. 285.
2) Gegenteilige Behauptungen, die man ófters ausgesprochen findet, sind unrichtig. Vgl.
auch Max JANSEN, Die Herzogsgewalt der Erzbischófe von Koln in Westfalen 1895. Er hält
das Befestigungsrecht für ein herzogliches Recht, muß aber S. 88 zugeben, daß der Herzog sich
auf die Autorität des Königs stützte.