Full text: Deutsche Verfassungsgeschichte von den Anfängen bis ins 15. Jahrhundert (2. Reihe, Abteilung 3)

   
  
   
    
  
   
   
   
    
  
  
  
   
   
   
  
  
  
   
    
  
  
   
   
    
  
  
  
  
    
  
  
  
   
    
  
  
  
   
    
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
   
   
   
  
36 Aloys Meister: Deutsche Verfassungsgeschichte des Mittelalters usw. 
Chamaven, Ampsivarier und Chatten die Hauptbestandteile gewesen sein; 
auch die Chattuarier gehörten dazu. Die Chatten mögen wohl im 3. Jh. das treibende Element ge- 
wesen sein. Die Franken zerfielen in drei Gruppen, in die salischen Franken, die zunächst im römi- 
schen Toxandrien sich festgesetzt haben, in die ribuarischen Franken am Rheinufer und in die Chatten. 
Die Salier werden schon in der zweiten Hälfte des 4. Jhs. genannt; sie scheinen Bataver, Kannine- 
faten und Cugernen in sich aufgenommen zu haben. Den Namen sollen sie vom Salgau an der Yssel 
erhalten haben. Die Ribuarier haben sich später als die Salier, und zwar besonders aus den Bruk- 
terern und Ampsivariern gebildet. Sowohl Salier als Ribuarier standen unter mehreren Klein- 
n. Von diesen führte der Kónig Chlogio die Salier bis zur Somme. 
3. Die Sachsen. Die Sachsen, von ihrem kurzen Sehwerte sahs genannt, traten zuerst im 
2. Jh. an der rechten Seite der unteren Elbe auf; später umfaßt dieser Name die Völker zwischen der 
unteren Elbe und dem Harz, also u. a. die früheren Chauken und Cherusker. Die linkselbischen Sach- 
sen zerfielen in drei Gruppen: die Westfalen, Engern mit dem Kernvolk der Angrivarier und Ost- 
falen; im Gegensatz dazu hieflen die nordelbischen Sachsen Nordalbinger. Im 4. und 5. Jb. drángen 
auch die Sachsen nach dem Westen; sie besetzen die Nordküste Galliens, den litus Saxonicum und die 
Inseln der Loiremündung. Dann beginnen die Kämpfe mit den hier vordringenden Franken. 
Die Sachsen haben kein Kónigtum ausgebildet. Sie blieben in den alten Verhältnissen stehen. 
Nur im Kriege haben sie einen gemeinsamen Führer aufgestellt. Zur Friedenszeit waren die einzelnen 
T'eilbezirke selbstándig unter eigenen Háuptlingen. 
Der Adel ist bei den Sachsen besonders hochstehend; er hat mit den Freien keine Ehoge- 
meinschaft und ist durch ein sehr hohes Wergeld ausgezeichnet. 
4. Die Friesen. Schon Drusus hat die Friesen an der Küste angetroffen und 12 v. Chr. 
unterworfen. Auch TAcrrus kannte Friesen, sprachlich == die Wagenden!), und zwar GroBfriesen 
und Kleinfriesen an der Nordseeküste von der Weser bis zur Sinkfala bei Brügge; PLINIUS nennt 
Frisii und Frisiavones. In der Zeit der Bildung neuer Stämme werden die Völker von der Weser bis 
nach Brügge Friesen genannt, und man unterscheidet dabei Ostfriesen zwischen Weser und Laubach, 
Mittelfriesen zwischen Laubach und Fly und Westfriesen zwischen Fly und Sinkfala, neben denen 
noch später an den Küsten und Inseln von Schleswig die Nordfriesen auftreten. Schon im 7. und 
8. Jh. sind die Friesen unter einem einheitlichen Königtum geeint. 
Seit dem Ende des 7. Jhs. werden Könige der Friesen genannt, als erster Aldgils. Es scheint 
aber kein den ganzen Stamm zusammenfassendes Königtum gewesen zu sein, vielleicht nur Ober- 
anführer im Kriege. Im übrigen ist bei den Friesen, wie bei den Sachsen, die altgermanische Ver- 
fassung am längsten bewahrt worden. 
5. Die Thüringer. Die Thüringer sind im 4. Jh. aus den Hermunduren, Angeln und War- 
nen zusammengewachsen. Der Name Thüringer tritt uns erst Anfang des 5.Jhs. entgegen und geht auf 
Duren, den alten Namen der Hermunduren (herminonischen Duren), zurück.?) In ihrem <esten Volks- 
rechte, das unter Karl d. Gr. aufgezeichnet wurde, spricht sich noch die Erinnerung an die Ent- 
stehung des Stammes aus durch die Benennung der lex Angliorum et Werinorum hoc est Thurin- 
gorum. Anfangs des 6. Jhs. hat es noch einen besonderen Kónig der Warnen und einen der Thüringer 
gegeben.) Jedoch hat sich auch bei ihnen ein einheitliches Kónigtum des ganzen Stammes ent- 
wickelt, das freilich zur Zeit, als der fránkische Kónig Theoderich die Thüringer bekümpfte, durch 
inneren Streit gespalten war. Die Franken haben Südthüringen unterworfen, und Nordthüringen 
wurde sächsisch. Nur der mittlere Teil behielt den Namen Thüringen und wurde einem fränkischen 
Herzog unterstellt. 
6. Die Bayern. Die Bayern, Baiumvarli, waren aus Böhmen, dem Lande Baia, Bojoheim, 
dem früheren Sitz der keltischen Bojer, in das Donaugebiet westlich und südlich des Böhmerwaldes 
um 500 eingewandert und haben sich dort am spätesten zu einem großen Stamm entwickelt. Marko- 
mannen, Quaden und Waristen sind darin aufgegangen. Anfangs scheinen sie unter fünf Führern 
gestanden zu haben, später ist ein einziger dux an ihrer Spitze. 
Überblieken wir das Werden der sechs Stámme der Schwaben, Franken, Sach- 
sen, Thüringer, Friesen und Bayern, die vom 3.—6. Jh. alle deutschen Volkerschaften 
mit Ausnahme der Abgewanderten unter sich aufteilen, so sind es vielfach nicht ur- 
sprüngliche Ansiedelungen der Nachbarn, die zusammenwachsen und die Stämme 
bilden, sondern sie sind oft erst auf der Wanderung verschmolzen. Wanderprodukte 
sind die Alamannen, die Salfranken und die Bayern. Mehr als alte Siedelungsnachbar- 
sollen die Brukterer, 
könige 
Trankenname auf ,,frci^ zurückgehe und die Waffe nach dem Volke genannt wurde, tritt GRIMM ein: 
Worterb. IV 1 S. 57 und Gesch. d. deutschen Sprache 3. 512f. Für die umgekehrte Entwicklung, 
daß von der Waffe der Volksname gebildet und vom Volksnamen dann die Bedeutung ,frei' herge- 
leitet sei, spricht sich KrLuGE aus: Etymol. Wórterb. S. 122. 
1) K. Zruss aa0. 136; nach GRIMM, Gesch. d. deutschen Sprache S. 465, die Freien. 
2) Patronymisch durch die Endung ing von Duren gebildet. 
3) Vgl. die gleichlautenden Briefe Theoderichs d. Gr. an den Kónig der Heruler, den Kónig 
der Warnen und den der Thüringer bei Cassiodor Var. III, 3 (MG. Auct. ant. 12, 79). — Über 
die spáteren Thüringerherzóge vgl. Vita Bonifatii auct. Willibaldo c. 6 ed. Levison SS. rer. Germ. 
1905 p. 32; SomwÜüRER, Bonifatius 1909 S. 46 u. 108 Anm. 5. 
    
	        
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